Verwaltungsreform bringt Nachteile
für Thüringer Fischerei
In der Plenarsitzung am 13.12.2002
beschloss der Thüringer Landtag mit den Stimmen der CDU das „Thüringer
Gesetz zur Änderung von Zuständigkeiten auf dem Gebiet des Jagd-,
Forst- und Fischereirechts“.
Mit diesem Gesetz wird die Landesforstdirektion
in Oberhof aufgelöst. Das scheint auf den ersten Blick nichts mit
der Fischerei zu tun zu haben. Da in Thüringen die Fischerei jedoch
zur Forstabteilung des Ministeriums für Landwirtschaft, Naturschutz
und Umwelt gehört, fällt damit auch die Obere Fischereibehörde
weg. Die bisher in Oberhof wahrgenommenen Aufgaben werden nun
auf Ministerium und Kommunen verteilt. Dabei werden reine Vollzugsaufgaben
auf die Ebene der unteren Fischereibehörden delegiert. Grundsatzaufgaben
und Aufgaben von landesweiter Bedeutung gehen an das Ministerium als Oberste
Fischereibehörde. Dazu gehört zum Beispiel die Fischereibuchführung.
Im Ausschuss für Ernährung,
Landwirtschaft und Forsten des Landtags wurde zum Gesetzentwurf eine schriftliche
Anhörung durchgeführt. Dabei stellten die kommunalen Spitzenverbände
fest, dass die Mittel, die ihnen zur Wahrnahme der neuen Aufgaben vom Land
zur Verfügung gestellt werden, nicht für die notwendige Qualifizierung
des Personals bzw. Neueinstellungen ausreichen.
Die Personalvertretungen befürchteten
in Zukunft unterschiedliche Ermessensauslegungen, ein häufigeres Beschreiten
des Klagewegs und einen Imageverlust der Verwaltung durch die nicht mehr
einheitliche Rechtsanwendung.
Der Thüringer Fischereiverband
schrieb, dass die unteren Behörden künftig willkürlich Höchstzahlen
von Fischereierlaubnisverträgen, Fangmengen, Fangzeiten sowie Fangmittel
beschränken können und es dadurch zu Problemen in der Ausübung
der Hegepflicht in einzelnen Landkreisen kommen kann. Der Verband schlug
eine Ansiedlung der Oberen Fischereibehörde beim Thüringer Landesverwaltungsamt
vor.
Am deutlichsten wurde der Verband
für Angeln und Naturschutz Thüringen. Er stellte fest, dass das
Gesetz vor dem Hintergrund der noch ausstehenden Umsetzung des neuen Bundesnaturschutzgesetzes,
der EU- Wasserrahmenrichtlinie und der FFH- Richtlinie im Thüringer
Fischereirecht in die falsche Richtung geht. In Auswertung einer Dienstberatung
der unteren Fischereibehörden schätzte er ein: „Zusammenfassend
hat diese Veranstaltung unsere bisherigen Bedenken bezüglich der Realitätsferne
einer ausreichenden Qualifizierung der unteren Fischereibehörde auf
fischereifachlichem Gebiet erhärtet.“
Gravierendste Auswirkung des neuen
Gesetzes auf die Thüringer Fischerei wird wahrscheinlich der Wegfall
der Widerspruchsmöglichkeit gegen Entscheidungen der unteren Fischereibehörden
sein. Will man in Zukunft gegen diese Entscheidungen vorgehen, muss man
gleich den Weg zum Verwaltungsgericht beschreiten. Dort muss mit
Wartezeiten von über zwei Jahren gerechnet werden. Die PDS- Landtagsfraktion
versuchte mit einem Änderungsantrag vergeblich, die Möglichkeit
der fischereilichen Widerspruchsverfahren aufrechtzuerhalten.
Abschließend bleibt nur festzustellen,
dass die Thüringer Landesregierung sich trotz allgemeiner Zufriedenheit
mit der Arbeit der Oberen Fischereibehörde für einen zweistufigen
Verwaltungsaufbau in diesem Bereich entschieden hat und dafür eine
schlechtere Qualität des Verwaltungshandelns in Kauf nimmt. Bei der
Umstrukturierung anderer Bereiche, wie zum Beispiel der Umweltverwaltung,
geht man auch weiterhin von einem dreistufigen Aufbau aus. In einer Übergangszeit
sollen die ehemaligen Beschäftigten der Oberen Fischereibehörde
die unteren Behörden qualifizieren und bei der Lösung auftretender
Probleme helfen. Dazu kann man ihnen nur viel Erfolg wünschen.
Auf diesem Weg noch einmal vielen
Dank für die Zuarbeiten der Verbände während des Gesetzgebungsverfahrens,
auch wenn die gemachten Vorschläge leider keine Berücksichtigung
fanden. Es wäre schön, wenn Erfahrungen mit der Umsetzung der
neuen Behördenstruktur ebenfalls veröffentlicht würden.
Tilo Kummer, Fischereipolitischer
Sprecher der PDS- Landtagsfraktion
Arnstädter Straße 51,
99096 Erfurt
Hildburghausen, 13.01.2003 |