Hegegemeinschaft „Mittlere Werra“ hat sich durchgesetzt
- Ein Diskussionspapier zur Problematik von Hegegemeinschaften an Thüringer Fließgewässern -

Was war eigentlich geschehen?
Die Hegegemeinschaft (HG) „Mittlere Werra“ hatte nach Inkrafttreten des neuen Erlasses vom 08.08.02 zur ThürKorVO Antrag auf Vergrämungsabschuss von Kormoranen für den Abschnitt der Werra zwischen Breitungen und Belrieth einschließlich des Kiessees Breitungen bei der unteren Naturschutzbehörde (UNB) des Landkreises Schmalkalden/ Meiningen (SM) gestellt. Alle beantragten Gewässer und Gewässerteile waren vollständig und ohne Einschränkung in der Positivliste des o.g. Erlasses enthalten. Kein Problem sollte man meinen, da der Erlass den UNB die Genehmigung des Abschusses für die Gewässer der Positivliste sozusagen zwingend aufgibt.
Nicht mit mir, war jedoch die Auffassung des Leiters der zuständigen UNB, Herrn Kämpf.
Wie im Vorjahr strich dieser mir nichts, dir nichts nach eigenem Gutdünken ca. 7 km des beantragten Werraabschnittes und den Kiessee Breitungen aus dem Antrag raus.

Begründung:
1. liege dazu noch ein Widerspruch der HG in gleicher Angelegenheit unbearbeitet aus dem Vorjahr im Thüringer Landesverwaltungsamt (TLVA)
2. sind die herausgenommenen Gewässerabschnitte wichtige Rastplätze äußerst seltener Wasservögel
3. befinden sich einige dieser Abschnitte in der Nähe von Naturschutzgebieten

Das war natürlich zuviel des Guten. Bei allem Verständnis für Natur- und Artenschutz über der Wasseroberfläche fand die HG die Ignoranz der UNB gegenüber dem Fischartenschutz aber auch den Bestimmungen des Erlasses unerträglich.
Gemeinsam mit unserem Verband setzte sie sich gegen diese wiederholte Willkür der UNB zur Wehr.
Erster Schritt war ein Gespräch unseres Präsidenten mit Minister Sklenar, wo wir hinterfragen mussten, ob er Alleingänge einer UNB zur Unterwanderung seines Erlasses dulden möchte.
Die Antwort war eindeutig: Der Erlass ist ohne Abstriche einheitlich in Thüringen umzusetzen. Gleichzeitig versicherte er uns, den Präsidenten des TLVA als Dienstaufsichtsbehörde über die UNB zu beauftragen, für Klarheit in den UNB zu sorgen (s. auch Verbandsinfo 4/2002 „Gespräch mit Dr. Sklenar…“).
Aus der kurzfristigen Zusage wurden immerhin fast 3 Monate, bis unser Sprecher der Hegegemeinschaft Frank Barth sowie unser Präsident und Vizepräsident einen Termin am 5.02.2003 beim Präsidenten des TLVA, Herrn Stephan erhielten.
Fazit des ca. einstündigen z.T. kontroversen Gesprächs:
Die HG stellt ihren Antrag in gleicher Fassung nochmals an die UNB in Meiningen und der Landrat wird beauftragt, dafür Sorge zu tragen, dass der Bescheid kostenfrei und unter vollständiger Einbeziehung der Positivliste durch die UNB auszustellen ist.
Wir meinen, das ist ein bemerkenswertes Ergebnis der konsequenten Haltung der Hegegemeinschaft einschließlich der Unterstützung durch den Verband. Ebenso sehen wir darin einen Erfolg gegenüber subjektiver Behördenwillkür und für den Schutz unserer bedrohten Fischbestände.

Ausgehend davon stimmt uns die Skepsis selbst in den obersten Führungsgremien der beiden anderen Thüringer Anglerverbände gegenüber der Bildung großer Hegegemeinschaften an den Fließgewässern des Freistaates sehr nachdenklich.

- Wie stellt man sich dort die Lösung nicht nur des Kormoranproblems, sondern auch anderer Probleme wie Wasserkraft, Nachhaltigkeit der fischereilichen Hege oder die Umsetzung der EU- Wasserrahmenrichtlinie vor?
- Wie lange wollen sich die Thüringer Angler noch Besatzanarchie nach „vereinsdemokratischen“ Grundsätzen nachreden lassen?
- Wie lange will man fachlich und zeitlich überforderten unteren Fischereibehörden die Abstimmung der Hege benachbarter Fischereibezirke überlassen?
- Ist es nicht sinnvoller, endlich das Heft des Handelns auch in die eigenen Hände zu nehmen und verbands- und grenzübergreifend Fischbestände nach fischereiökologischen Gesichtspunkten zu hegen?

Seit 1998 haben sich mit Unterstützung unseres Verbandes 8 Hegegemeinschaften gegründet, welche zunehmend den Beweis antreten, dass die o.g. Probleme und vieles mehr effizienter zu überwinden sind als es Einzelvereinen in isolierten Aktionen möglich ist.

Zurzeit arbeitet die Mehrzahl dieser Hegegemeinschaften nach folgenden Prinzipien:

1. Freiwilligkeit der Mitgliedschaft
2. Ein Hegeplan für ein gesamtes Fließgewässer oder große Abschnitte eines solchen statt X Hegepläne für X Pächter
3. Ein Förderantrag für die gesamte HG statt X Anträge für X Pächter
4. Ein Antrag auf Kormoranabschuss statt X Anträge für X Pächter
5. Ein bis zwei Satzfischlieferanten für die gesamte HG statt X Lieferanten wie in der Vergangenheit

Worin liegen die Vorteile dieser Prinzipien?

- Hegepläne benachbarter Fischereibezirke müssen nur noch an den Grenzen der HG abgestimmt werden. Deren Qualität wird durch die Unterstützung von Fischereiwissenschaftlern und erfahrenen Praktikern des Verbandes auf ein hohes Niveau gehoben. Der Genehmigungsaufwand für die Behörden verringert sich um ein vielfaches.
- I.d.R. stellt die gesamte HG einen Förderantrag für alle ihre Mitglieder an den Verband, welcher von diesem wiederum nur einmal zu bewilligen und abzurechnen ist.   In den Genuss der Förderung kommen so auch Vereine und Pächter, welche nicht Mitglieder in unserem Verband sind.
- Mit welcher Effizienz Vergrämungsmaßnahmen z.B. im Rahmen der ThürKorVO mit der vereinten Kraft einer HG umgesetzt werden können möchten wir nicht noch mal wiederholen. Natürlich reduziert sich auch hier der Genehmigungsaufwand der zuständigen Behörden.
- Die Beschränkung der Satzfischzulieferung auf einen bzw. so wenig wie mögliche Bezugsquellen, im optimalen Fall aus dem Einzugsgebiet, ist die Vorraussetzung für gesunde Fischbestände und den Erhalt einheimischer Genpotentiale.
- Ganz nebenbei stellen sich weitere positive Nebeneffekte ein, wie die enge Zusammenarbeit vormals konkurrierender Vereine oder die Qualifizierung der

Verantwortungsträger der Vereine und Behörden an den spezifischen Problemen vor Ort im Umfeld der HG.

Gibt es auch Nachteile dieser Prinzipien?

Aus unserer Sicht eigentlich nur die Freiwilligkeit der Mitgliedschaft. Leider sperren sich einzelne Pächter vehement gegen eine Mitarbeit in einigen HG ohne eine Diskussion über deren Vorteile überhaupt zuzulassen. Mit dem Argument der Unantastbarkeit ihrer Vereinsautonomie oder Persönlichkeitsrechte stellen sie nicht selten die vom Gesetzgeber geforderte Durchgängigkeit der Hege an Fließgewässern infrage. Abweichende Besatzstrategien oder unbekannte Bezugsquellen für Satzfische können so die gesamte Arbeit einer HG ernsthaft gefährden. Häufig gebrauchten Formulierungen wie „mein Gewässer“ und „meine Fische“ zeugen von einem besorgniserregenden Mangel an fachlicher und rechtlicher Qualifikation.
Diese und weitere Probleme waren der hessischen Landesregierung 2002 Anlass, die Bildung von HG an Fließgewässern im Sinne des Nachhaltigkeitsprinzips der fischereilichen Hege durch den Gesetzgeber zu fordern. Nichts anderes fordert schon seit längerer Zeit das Thüringer Jagdgesetz, indem auch hier die Hege nicht in einzelnen Hegebezirken sondern in Hegegemeinschaften auszuüben ist.

Ist deshalb die Forderung unseres Verbandes nach einer ähnlichen zeitgemäßen Reglung in einem novellierten ThürFischG so abwegig, oder hat vielleicht manch einer das neue Bundesnaturschutzgesetz, die FFH- Richtlinie oder die EU- Wasserahmenrichtlinie noch nicht gelesen geschweige denn verstanden?
In diesem Sinne sollten sich vor allem die Thüringer Anglerverbände in die kommende Diskussion zur Novelle des ThürFischG konstruktiv einbringen.

Schon vor vielen Jahren hat ein kluger Mann gesagt: „Freiheit ist die Einsicht in die Notwendigkeit“
Kann man deshalb die Einsicht in die fischereiökologische Notwendigkeit der durchgängigen Hege an Fließgewässern in Hegegemeinschaften als unzumutbaren Zwang und Einschränkung der Freiheit eines Fischereipächters abtun?
Wir meinen: Nein!
Letztlich bleibt jedes Mitglied einer HG selbstverständlich weiterhin eigenständiger Pächter. Natürlich kann er bestimmen, in welchem Umfang die Fischerei innerhalb seines gepachteten Fischereirechts auszuüben ist. Das kann von der gemeinschaftlichen Ausübung für alle Mitglieder im gesamten Gebiet der HG bis zur individuellen, auf das einzelne Pachtlos beschränkten Ausübung gehen. Wichtig allein sollte jedoch sein, dass ein fundierter Hegeplan als Grundlage für die geforderte Durchgängigkeit der Hege von allen Mitgliedern einer HG akzeptiert und umgesetzt wird.
Allen Skeptikern sei gesagt, auch unser Verband steht auf diesem Gebiet noch am Anfang; längst klappt noch nicht alles und Fehler kann auch nur der machen, der überhaupt was macht.
Aus diesem Grund sind wir allen Lesern dieses Diskussionspapiers für Meinungen, Erfahrungen und konstruktive Kritik sehr dankbar. Nichts ist so gut, als dass man es nicht noch besser machen kann.

In diesem Sinne

Petri Heil
Andreas Kirsch
Vizepräsident für Gewässer, Umwelt und Natur

??? Hegegemeinschaften – ein Modegag ???

Bereits 1998 setzte im Fischereiverband Kurhessen e.V. und im Verband für Angeln und Naturschutz Thüringen e.V. unabhängig voneinander ein Umdenken bezüglich der fischereilichen Hege an Fließgewässern ein.
Unter dem Leitgedanken: „Fische kennen keine Grenzen“ reifte die Überzeugung, dass Fischbestände in Fließgewässern nicht innerhalb der Grenzen von Pachtlosen, Landkreisen oder Ländergrenzen isoliert gehegt werden können. Primär die fischereiliche Zonierung und die Gewässerstruktur, nicht jedoch politische und Eigentumsgrenzen, bestimmen die Grundsätze der Hege. Nichts anderes steht auch in den „Hegeparagraphen“ unserer Fischereigesetze.

Im Klartext:
Die Biozönose der Fließgewässerregion bestimmt die die Zusammensetzung der Fischarten objektiv vor den Wünschen der Pächter.

Bisherige Praxis:
X Pächter an einem Fließgewässer haben
X Vorstellungen von der Hege,
X Hegepläne,
X liebgewordene Satzfischlieferanten und letztlich
X verschieden Fischbestände in einem Gewässer „gut gemischt“.

X untere Fischereibehörden mit (???) Fachwissen und (???) Zeit für die Fischerei sollen die Hege innerhalb eines Fließgewässers, in Verbindung mit
X Nebengewässern und X benachbarten Kreisen (oder gar Ländern?) abstimmen.

Zu viele Unbekannte für unsere Behörden, um daraus eine lösbare Gleichung zu entwickeln, haben wir uns gedacht und angefangen,
die Sache selbst in die Hände zu nehmen.

Die Lösung:

Hegegemeinschaften
Hegegemeinschaften

??? (k)ein Zauberwort !!!

Hegegemeinschaften existieren in Thüringen auf der Basis von Freiwilligkeit. Das heißt, wir brauchen überzeugende Argumente für einen Zusammenschluss der Pächter an einem Fließgewässer oder großen Abschnitten eines solchen in einer Hegegemeinschaft.
Das erfordert:
- Mit Sachverstand überzeugen und nicht bevormunden
- Eine starke Gemeinschaft bringt Vorteile für den Einzelnen

Die Vorteile:

- Ein Hegeplan statt X Hegepläne
- Ein Satzfischlieferant statt X Lieferanten
- Preisvorteile
- keine Bestandsvermischung
- geringeres Krankheitsrisiko
- Ein (e) Förderantrag (Abrechnung) statt X Anträge
- Ein Kormoran-Antrag statt X Anträge
- Eine starke Lobby gegenüber all jenen, die uns Angler und Fischer immer mehr in unseren Rechten einschränken wollen

Die Nachteile:
???

Die Probleme:

- Fehlender Sachverstand verschließt sich sachlichen Argumenten
- Vereinsegoismus, Eigentümerstolz und Kurzsichtigkeit
- Uneinsichtigkeit siegt noch zu oft über Freiwilligkeit

§§§ Brauchen wir Hilfe per Gesetz? §§§


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