Der Tod geht um in Thüringens Fischgewässern

Anfang Juni erreichten uns gleich drei Hiobsbotschaften über Fischsterben in Gewässerbereichen von Vereinen unseres Verbandes.
Als erstes war am 02.06.1998 die Erle im Bereich Erlau betroffen. Unbekannte Täter ließen das Wasser des Erlauer Schwimmbades ab, welches durch seinen Chlorgehalt die Fischpopulation in der Ortslage Erlau nahezu vollständig auslöschte.
Schaden: ca. 4000 Forellensetzlinge, welche durch den Forellenzüchter Herrn Alfred Schlott erst wenige Tage vorher in die Erle ausgesetzt wurden und fast 100 kg Forellen verschiedener Größen,  Täter unbekannt.

Am 05.06. schlug der Tod gleich zweimal zu.
Betroffen waren die Lauter von Ortsmitte Goldlauter bis Ortseingang Suhl und die Ilm von Dienstedt bis Oettern.
In beiden Fallen waren Pflanzenschutzmittel die Verursacher, Ermittlungen zu den Tätern laufen noch immer.
In der Lauter ließen fast 500 Forellen (die Größte 61 cm) ihr Leben. Die ganze Biozönose wurde schwer geschädigt.

Geradezu dramatisch und mit katastrophalem Ausmaß verlief das Fischsterben an der ILm auf einer Strecke von fast 30 km.
Was im einzelnen passiert ist, ist im Anhang in einer konzentrierten Zusammenfassung des von unserem Ilmtal - Fliegenfischer e.V.  beauftragten Rechtsanwalts Herrn Möller - Meinecke nachzulesen. Eine detaillierte Darstellung dieses Dramas von
Pleiten, Pech und Pannen könnte unsere Verbandsinfo allein bis zur letzten Seite füllen.

Als Dachverbände der betroffenen Ilmvereine haben unser Verband und der VDSF Landesverband Thüringen ein Gutachten zur Ermittlung des wirtschaftlichen Schadens und der Biotopschädigung beim Hydrolabor Schleusingen der Bauhaus UNI Weimar in Aufirag gegeben und werden sich die daraus entstehenden Kosten teilen. Insgesamt kann aus Sicht der Anglervereine und -verbände eingeschätzt werden, daß deren gegenseitige Information und Zusammenarbeit vorbehaltlos und effektiv organisiert war. Ebenso wurden durch sie alle Möglichkeiten ausgeschöpft, die zuständigen Behörden, Polizei und Feuerwehr
sofort zu alarmieren und zum Handeln zu veranlassen.

Doch damit begann der Tragödie zweiter Teil.
Um es kurz zusammenzufassen, weder während des über drei Tage andauernden Fischsterbens noch bis zum heutigen Tage, d.h. über einen Monat danach, erfolgte auf offiziellem Behördenweg eine Warnung der Bevölkerung vor den möglichen Gefahren durch das verseuchte Wasser der Ilm oder kontaminierte Fische, noch gibt es offizielle Informationen zum Umfang des unmittelbaren Schadens bzw. zu Folgeschäden. Wasser- und Fischuntersuchungen laufen nun schon seit über füf Wochen. Ergebnisse dieser Untersuchungen werden wie geheime Verschlußsachen gehandelt und müssen den Behörden mit bitten und
betteln regelrecht aus der Nase gezogen werden. Kompetenzen werden hin und hergeschoben; die Gerüchteküche brodelt. Einzige Inforrnationsquelle ist die Presse, welche sich jedoch auch nur auf die mehr oder weniger glaubhaften Aussagen Betroffener stützen kann.
Wir möchten an dieser Stelle den betroffenen Vereinen und den Kameraden der Feuerwehren für ihren umsichtigen und aufopferungsvollen aber auch gefahrvollen Einsatz während dieser Umweltkatastrophe danken.
Gleichzeitig erheben wir an das Thüringer Ministerium für Landwirtschaft Naturschutz und Umwelt und die Gesundheitsbehörden folgende Forderungen:

1. Lückenlose Aufklärung zu Hergang, Umfang und Auswirkungen der Gewässervergiftung auf betroffene Mlenschen und den Gewässerlebensraum.
2. Stellungnahme zu der aus unserer Sicht unverantwortlichen Informationspolitik der zuständigen Behörden.
3. Information zum derzeitigen Stand der Ermittlungen zum Schadensverursacher.
4. Abstrichslose Umsetzung der ,,Richtlinie zur Durchführung der Gefahrenabwehr bei Gewässerverunreinigungen" bis zu den unteren Wasserbehörden  (einschließlich Schulung und regelmäßigen Trainings der Handlungsabläufe)
5. Bericht zur Umsetzung dieser Richtlinie durch die verantwortlichen Behörden im konkreten Fall der Ilmvergiftung im Juni 1998.
6. Einrichtung von Wochenendbereitschaftsdiensten autorisierter Untersuchungseinrichtungen.
7. Finanzielle Unterstützung des Freistaates bei der Vorbereitung und Umsetzung eines wissenschaftlich fundierten Wiederbesiedlungsprogramms für den betroffenen Abschnitt der Ilm analog der Saale in den Jahren 1994 ff.
8. Einrichtung eines Notfonds aus Rückstellungen der Fischereiabgabe.

Insbesondere aus Punkt 8 ergibt sich die Forderung der Thüringer Anglerverbände, am Jahresende nicht verwendete Mittel aus der Fischereiabgabe in einen entsprechenden Notfonds einzustellen und nicht wie bisher an das Finanzministerium zum Stopfen
diverser Haushaltslöcher abzuführen. Die bisherige Praxis stellt einen Verstoß gegen §33 Abs. 2 Satz 2 ThürFischG dar
und darf so durch die Thüringer Fischerei nicht mehr langer stillschweigend geduldet werden.
Fazit aus den bisherigen Ereignissen an der Ilm:
Die betroffenen Vereine aber auch die zuständigen Dachverbände werden nicht locker lassen, ihr Recht auf umfassende und rückhaltlose Aufklärung und Information zu diesem Schadensereignis einzufordern und notfalls auf dem Rechtsweg einzuklagen.
Die zuständigen Behörden sind aufgefordert, gemeinsam mit der Fischerei Maßnahmen zu einer effektiven Vorbeugung und der Minderung von Auswirkungen derartiger Schadensereignisse zu erarbeiten und umzusetzen.