Exkursion zur Forellenaufzuchtanlage das AFV Meiningen/ Werra e.V. "Am Weidig" am 22. April
Mitglieder sind die Werra- Anliegervereine ASV Breitungen e.V., Fambacher AV e.V., ASV Wernshausen e.V., Werrafischerverein Schwallungen e.V., Wasunger AV e.V., AV Walldorf e.V., AFV Meiningen/ Werra e.V. und AV Untermaßfeld e.V.
Der Grund ihres Zusammenschlusses war, wie auch bei den anderen Hegegemeinschaften unserer Verbandsregion, eine abgestimmte Hege für einen größeren Gewässerabschnitt auf der Grundlage eines einheitlichen Hegeplanes aber auch die Aufwertung des Einflusses dieser Vereinigung gegenüber anderen Gewässernutzern und den zuständigen Behörden des Landkreises Schmalkalden/ Meiningen. Immerhin konnte sie zu ihrer Beratung im Oktober 2000 auch den Landrat Herrn Lutter in ihrer Mitte begrüßen, was sich kurzfristig in einer wesentlich unkomplizierteren Bearbeitung von Anträgen zur Kormoranvergrämung durch die Untere Naturschutzbehörde bezahlt machte.
die Teilnehmer der Exkursion
.
Doch zurück zur Exkursion der Hegegemeinschaft.
Da ein Teil der Mitglieder der Gemeinschaft seinen Forellennachwuchs aus der Anlage am Weidig bezieht, lag es nahe diese auch mal in Augenschein zu nehmen. Vorgestellt wurde die Anlage von Walter Böhm, welcher sich bereits seit 4 Jahrzehnten mit viel Engagement der Aufzucht von Äschen und Forellen widmet. Viel Lehrgeld mußte gezahlt und viele Erfahrungen mußten gesammelt werden, um heute stabil 150 000 Stück Bachforellenbrut jährlich zu erbrüten. Stolz konnte Walter Böhm das Ergebnis jahrelanger Bemühungen um den Aufbau eines einheimischen Laichfischbestandes aus Gewässern der Umgebung präsentieren, welcher die Garantie für einen dem Einzugsgebiet der Werra angepassten Forellennachwuchs bietet.
Walter Böhm
.
ein Bachforellenmilchner in Topkondition
.
Der HATTOP
.
.
So zog sich dann erwartungsgemäß das Thema Kormoran wie ein roter Faden auch durch die anschließende Beratung zum gemeinschaftlichen Hegeplan für die Werra.
die Diskussionsrunde...
Keine Gnade für Fischräuber
In einem Halbjahr über 60 Kormorane, Graureiher und andere Vögel geschossen
Meiningen: Der Abschuß von Kormoranen und Graureihern sowie weiterer Wasservögel durch Fischzüchter und Angler war Thema bei der jüngsten Sitzung des Naturschutzbeirates. Die Mitglieder des kreislichen Gremiums berieten unter anderem darüber, wie künftig mit entsprechenden Anträgen umzugehen sei. Über 60 Abschüsse in einem Halbjahr waren einigen Naturschützern zu viel. Sie forderten Maßnahmen zum Schutz des Federviehs.
Wolfgang Kämpf, Leiter der Abteilung Umwelt im Landratsamt, informierte,
daß im Winter-halbjahr 1999/2000 insgesamt 60 Kormorane zum Abschuß
freigegeben worden seien. 45 Kormorane hätten die Antragsteller eigenen
Angaben zufolge schließlich zur Strecke gebracht. 25 Abschüsse
hiervon habe ein heimischer Fischzuchtbetrieb bei der Behörde gemeldet.
„Der Betrieb schöpft seine Genehmigung regelmäßig aus“,
berichtete Wolfgang Kämpf. Anders sehe es hingegen bei den Angelvereinen
und Privatleuten aus, die ein Gewässer gepachtet hätten. 35 Abschüsse
wären möglich gewesen, und 20 seien gemeldet worden.
Auch in diesem Winterhalbjahr haben die Untere Naturschutzbehörde
wiederum Genehmigun-gen für das Schießen von 60 Kormoranen erteilt.
In ganz Südthüringen sei der Abschuß von insgesamt 150
dieser Vögel erlaubt worden, erkläre der Abteilungsleiter zu
Vergleich.
Eine effektive Kontrolle der Abschußzahlen gebe es nicht, die
wäre nicht praktikabel. Die Antragsteller müßten lediglich
bis 01. Mai melden, wie viele Tiere sie tatsächlich abgeschossen hätten.
„Ich gehe aber nicht davon aus, daß es eine Dunkelziffer gibt und
mehr als erlaubt geschossen werden, da die genehmigten Zahlen nicht ausgeschöpft
werden“, begründete Kämpf.
*Schäden abgewendet*
Die Ziele, Schäden von der Fischereiwirtschaft abzuwenden, und
die Vögel zu „vergrämen“, habe man erreicht, schätzte der
Abteilungsleiter ein. Allerdings sei es fraglich, in welchem Umfang man
diese Effekte bei Angelgewässern überhaupt erzielen könne,
weil die Kormorane doch sehr flexibel seien.
Die Zahl der Graureiher sei im hiesigen Kreis seit rund 20 Jahren relativ
konstant. Jährlich würden zwischen 30 und 50 Brutpaare gezählt,
vorwiegend in den Bereichen Wasungen und Schwickershausen. Im Winterhalbjahr
1999/2000 seien von 31 Abschuß freigegebenen Reihern 24 auch geschossen
worden, davon die meisten wiederum von dem besagten Fischzuchtbetrieb.
Anträge habe es in diesem Winterhalbjahr für 76 Graureiher
gegeben, 37 dürften getötet werden. „Für den Speicher in
Jüchsen wurde keine Genehmigung erteilt. Auf 20 Hektar Wasserfläche
gibt es dort acht Graureiher. Die können keine schwerwiegenden Schäden
hervorrufen“, meinte der Abteilungsleiter. Was andere Wasservogelarten
anbelangt, so habe es Abschußanträge für Höckerschwäne,
Reiherenten und Haubentaucher - den Vogel des Jahres - gegeben. Diese seien
vorwiegend von dem Fischzuchtbetrieb gestellt worden. „In diesen Fällen
sind gesetzliche Ausnahmen möglich“, erläuterte Kämpf. Genehmigungen
seien schließlich in aus naturschützerischer Sicht vertretbaren
Größenordnungen erteilt worden.
Eine Lanze für die Fischereiwirtschaft brach der Leiter des Landwirtschaftsamtes,
Hartmut Aus. Bei den Tieren, die sich an der Fischzuchtanlage aufhielten,
handele es sich ja nicht um Teichvögel. Sie seien lediglich wegen
des einfachen Nahrungserwerbs dort. „Wenn man die Größe der
Population eingeschätzt hat, kann man sie dann gegebenenfalls auch
dezimieren“, meinte der Leiter des Landwirtschaftsamtes.
*Beirat soll mitreden*
Frank Henkel, Vorsitzender des BUND Kreisverbandes, vertrat die Ansicht,
daß dem Naturschutzbeirat künftig ein Mitspracherecht bei der
Erteilung der Abschußgenehmigung eingeräumt werden sollte. Den
Antragstellern müßten Grenzen aufgezeigt werden. Wolfgang Kämpf
versprach zu prüfen, inwieweit der Beirat an den Entscheidungen beteiligt
werden könne.
Kämpf unterbreitete darüber hinaus auch selbst einen Vorschlag
zum Schutz der Vögel. „Der Naturschutz sollte ernsthaft darüber
nachdenken, bestimmte Gewässer in seine Obhut zu nehmen und dort eine
Ablenkfütterung für die Vögel vorzunehmen“, regte der Abteilungsleiter
Umwelt an. Natürlich müßte zuvor geklärt werde, ob
das überhaupt praktikabel und finanzierbar sei.
FREIES Wort vom 07.04.01 (Leserbrief)
Gefräßige Vögel
Betrifft: „Je mehr Stress, um so mehr wird gefressen“ (Ausgabe vom 30.03.02)
Aus der Sicht der Fischer und Angler sind die Äußerungen
in diesem Artikel nicht unumstritten. Wenn Herr Kämpf, Abteilungsleiter
Umwelt beim Landratsamt, ein „geschätztes“ Vorkommen von 100 bis 150
Kormoranen nennt, ist das gelinde gesagt die Unwahrheit. Die doppelte Anzahl
ist als unterste Grenze in den Monaten November bis Februar anzusehen.
Warum werden Kontrollgänge nicht gemeinsam mit den Anglervereinen
durchgeführt? Auch müssen wir feststellen, daß die ersten
Kormorane bereits im August 2000 an der Werra vorhanden waren und
auch zur Zeit noch da sind. Das war vor zwei bis drei Jahren nicht der
Fall. Wir müssen befürchten, daß sich die ersten Brutkolonien
bilden.
Das wäre das Ende unserer einheimischen Fischbestände, zumal
in den letzten zwei Jahren schon erhebliche Minderungen bei drei- bis vierjährigen
Äschen- und Bachforellenbeständen vorhanden sind. Liegt das in
Ihrem Interesse? Bei allem Respekt Ihrer ehrenamtlichen Arbeit, die auch
viele von uns seit Jahren leisten, muß ich das zur Zeit bejahen!
Denn über unsere ein-heimischen Fischarten - zur Zeit etwa 30, die
täglich von den gefräßigen Kormoranen verschlungen werden,
auch einige, die wie aus eigenen Mitteln wieder angesiedelt haben, wie
Barbe und Quappe und einige Fischarten, die auf der roten Liste stehen,
haben Sie auf Ihrer Sitzung nichts ausgesagt. Alles was unter der Wasserfläche
lebt, ist für Sie wahrscheinlich unbedeutend. Ist das Ihr Verständnis
für einen umfassenden Naturschutz? Selbst der Vorsitzende des LV-NABU
Thüringen, Herr Dr. von Knorre, hat betont, daß keine Brutkolonien
von Kormoranen in Thüringen akzeptiert werden. Bei wem sollte ein
Umdenken einsetzen? In erster Linie doch bei Ihnen selbst. Eine Ablenkfütterung
kann man beim Abwehren von Wildschweinen auf landwirtschaftlichen Flächen
einsetzen. Welch ein unsinniger Vorschlag, das auch bei Kormoranen anzuwenden.
Und der Eisvogel soll nicht und wird nicht abgeschossen. Das wird der gefräßige
Kormoran selbst erledigen, indem er ihm und auch der Wasseramsel die Nahrungsgrundlage
weg fischt. Was ist das für ein Zynismus, wenn der Henkel vom BUND
sagt, daß die angeblichen Schäden bei den Fischbeständen
auch nachgewiesen werden müssen. Fressen die Kormorane, die täglich
bei uns fischen, Steine? Meine Damen und Herren „Naturschützer“, nehmen
sie endliche Ihre Verantwortung für unsere heimischen Fischbestände
wahr. Es wird der Naturschutzbehörde und Ihnen als Naturschutzbeirat
nicht entgangen sein, daß dem Thüringer Landtag ein Auftrag
vorliegt, in den kommenden Jahren ein Thüringer Wanderfischprogramm
durchzusetzen. Dabei hat die Werra mit ihren Nebenflüssen höchste
Priorität.
Deshalb nenne ich abschließend nochmals kurz unsere Forderungen
als Thüringer Fischer- und Anglerverbände: Änderungen der
Thüringer Kormoranverordnung hinsichtlich einer ganzjährigen
Bejagung. Aus Gründen des Artenschutzes ist auch in Naturschutzgebieten
die Bejagung auf Antrag zu lassen. Eine Bejagung in den übrigen Gebieten
muß per Kormoranverordnung ohne Auftrag möglich werden. Übrigens
ist dies in Bayern und Baden-Württemberg schon in Verordnungen geregelt.
Klaus Schramm, 1. Vorsitzender des Werrafischer Vereines Schwallungen
e.V.
Meininger Tageblatt vom 12.04.01
Betrifft: Artikel „Keine Gnade für Fischräuber“, MT vom 19.03.01
Beim Überfliegen der Überschriften hat mich diese sofort interessiert.
Wer hat nun wieder irgendwo Fische unrechtmäßig entnommen
oder einen Frevel begangen? Ich war schnell im Bilde und fassungslos über
eine Darstellung von Naturschützern und deren Gegnern - der Angler
und Fischzüchter, die sich erlaubt hatten, Anträge zum Schießen
von Graureihern und Kormoranen zu stellen. Schon fast hämisch oder
bissig wird resümiert, daß die Antragsteller ihr Abschußziel
nicht erreicht haben und sowieso in Zukunft die Naturschützer ein
Wörtchen mitzureden haben, weil die beantragten Abschüsse grundsätzlich
schon zu hoch sind. Ich habe mir dann die Frage gestellt, wer ich eigentlich
bin, weil ich mich schon sehr lange um den Erhalt funktionierender Ökosysteme
am und im Wasser bemühe, aber auch genauso lange Angler bin. Und die
vielen Angler, die ich kenne, die sich auch so um Naturschutz bemühen,
und die Fischzüchter die nur in einer intakten Gewässerumwelt
Fische züchten und produzieren können, sind sie auch Naturschützer?!
Oder nicht!?
Die Schäden, die Kormorane nicht nur bei uns anrichten, sind bekannt
und es sollte über sachliche Lösungen der Situation nachgedacht
und entschieden werden.
Wir Angler lassen uns nicht in eine Antinaturschutzrichtung drängen,
weil wir uns gegen die Bedrohung unserer gehegten Fischbestände durch
Kormorane wenden. Kormorane hatte vor 1990 hier an der Werra kein Mensch
gesehen. Auch die Alteingesessenen kannten den Kormoran nur aus Büchern,
bei entsprechendem Interesse. Als ich die ersten bewußt 1990 sah,
dachte ich, es sind Überflieger wie manchmal Kraniche hoch oben zu
beobachten sind. Aber es wurden sehr schnell in jedem Spätherbst und
Winter immer mehr Kormorane. Und unsere gehegten Fischbestände außerhalb
von Siedlungen werden immer weniger. Am schlimmsten haben sie die Fischbestände
im Raum Belrieth und unterhalb Meiningens geplündert. Unsere mühselig,
mit zahlreichen Schutzmaßnahmen zusätzlich zum Thüringer
Fischereigesetz aufgebauten Bestände sind erheblich geschrumpft. Unsere
wertvollen Laichermuttertiere im Weidig mußten durch teure Netze
geschützt werden, sonst wären sie auch schon nicht mehr vorhanden.
Unsere Äschenbeständ4e, die wir in den schlechten Jahren gerettet
hatten und nun durch die bessere Wasserqualität als Frühjahrslaicher
durch Eigenvermehrung wieder aufblühten, werden ebenso wie unsere
Bachforellen gnadenlos durch Kormorane und Graureiher in bedrohlicher Weise
dezimiert. Es ist ein Hohn für mich, wenn dann auch noch von Ablenkfütterung
die Rede ist.
Nach dem Thüringer Fischereigesetz haben die Angler unter Beachtung
der Vorschriften das Recht zu angeln und die Pflicht, Gewässer und
Fischbestände zu hegen. Zusätzlich verpflichtet das Gesetz den
Schutz von seltenen heimischen Fischen z. B. der Barbe. Wir Angler in Meiningen
und der Hegegemeinschaft Werra halten uns an dieses Gesetz und die auferlegten
Pflichten. Wir bezahlen nicht wenig Pachtgebühren, wie Geld für
Besatz und leisten sehr viele Stunden für die Hege der Gewässer.
Wir sind auch Steuerzahler und Wähler und haben ein Recht und die
Pflicht, uns zu wehren, wenn unsere heimischen Fischbestände einem
Vogel, der nicht hierher gehört, geopfert werden sollen, und die Fließgewässer
dadurch ihren ökologi-schen und wirtschaftlichen Wert verlieren, zu
einem hydraulischen Fließen verkommen. Erst wenn dieser Zustand erreicht
ist, werden die Kormorane wegbleiben. Eine Entwicklung, die wir Angler
nicht akzeptieren können. Geldgeber und Leistungsträger, um als
Futtermeister für Kormorane und Graureiher zu wirken, sind wir nicht.
Walter Böhm, Bodenweg 18, Meiningen
Meininger Tageblatt vom 14.04.01
Nur Futter für Kormorane?
Meininger Petrijünger Walter Böhm zu Hege der Fische und Problemen
Meiningen: „Die Hegegemeinschaft Werra will dieses Jahr 400 Laichbarben in den Fluß aussetzen, damit sie sich wieder zum Leitfisch der Region entwickeln. Der ganzjährige Schutz und die Investition ist aber, so vermute ich, für die Kormorane. Zumindest solange Leute dessen Daseinsberechtigung an der Werra für richtig und wichtig erachten“. Walter Böhm, seit 43 Jahren Angler und Naturschützer, ist sauer. Sauer über die Auffassungen so mancher Umweltschützer, die sich gegen den Abschuß von Kormoranen aussprechen. Und er weiß, wovon er spricht - auch als Naturfreund.
„Seit einiger Zeit beobachte ich mit anderen Anglern aus Nahdistanz Kormorane beim Fischen in der Werra, mitten im Siedlungsgebiet. Dabei fischen sie gezielt an Stellen, wo Äschen stehen und sie fangen sie auch. Die Fangleistung hat mich erschüttert. In weniger als fünf Minuten hat ein Vogel bis drei Fische gefangen und gefressen. Der kürzeste Tauchgang mit Fischerfolg waren fünf und der längste 35 Sekunden. Scheuchen, Händeklatschen oder auf Holz schlagen hatte überhaupt keine Wirkung.“
Seit 43 Jahren Angler
Die meisten zu schützenden Fische haben laut Böhm jetzt nach
dem Gesetz Schonzeit. „Daran halten sich natürlich die Kormorane nicht.
Wir haben ja kein Schild am Wasser, wo sie das entnehmen können ...
Eines haben sie aber schnell begriffen: Es fischt sich am Besten, wo gut
Fisch steht, keine Gefahr droht und die Arten schlank und rutschiger für
den Hals sind“, schildert Böhm.
Seit 43 Jahren ist er Angler. Sehr früh habe er erkannt, daß
zu diesem Hobby unbedingt die Hege und der Erhalt der heimischen Fischarten
und der Gewässer gehörten. „In einer Zeit, in der Naturschützer
Bespitzelungen allgegenwärtig spürten und man sehr sorgfältig
vorgehen mußte, um überhaupt gehört zu werden, habe ich
den größten Teil meiner Freizeit dem Naturschutz geopfert. Das
Absterben der Gewässerbiotope im gesamten Werra-Einzugsgebiet war
unerträglich und stellenweise katastrophal“, erinnert sich Böhm.
Schwarza. Lichtenau, Hasel und die Bibra beispielsweise seien Ende der
70er Jahre biologisch tote Gewässer gewesen. Eingaben und Forderungen
im Sinne der vorhandenen Gesetze, die seine Freunde und er einreichten,
sollten die Mächtigen im Kreis und Bezirk zum Handeln zwingen. „Es
war oft vergebens, weil sie die drohende Umweltschädigung nicht begriffen
und wir zu wenige waren. In dieser Zeit habe ich nur sehr wenige kennen
gelernt, die mir zur Seiten standen. Um so verwunderlicher ist es, wie
viele sich heute Natur- und Umweltschützer nennen. Ich habe sie früher
jedenfalls nicht in so großer Zahl bei uns bemerkt“, sagt Böhm.
Gewässer belastet
1958, als er Angler wurde, habe die Eigenvermehrung der Äschen,
Barben, Hasel, Döbel, Hechte Elritzen und anderer heimischer Fische
in der Werra problemlos funktioniert. Bis 1975 hat sich dieser gesunde
Zustand nach Böhms Beobachtungen gründlich geändert. In
der Werra und in den meisten Bächen war die Gewässerqualität
über weite Strecken von gering belastet in kritisch belastet abgesackt.
Die Fließgewässer waren auf der Sohle vom grauen, wabbeligen
Abwasserrasen überzogen. Diese Pilzkulturen führten zu Verpilzungen
aller Fischarten, besonders bei den Äschen und Forellen und zum Totalausfall
der Reproduktion über weite Strecken.
Keine vollbiologischen zentralen Kläranlagen, Übergüllung
landwirtschaftlicher Flächen und Punktentleerung der Gülle, überlaufende
Sickersaftgruben an Silageanlagen, Gelbmittelspritzung, toxische Frachten
von der Metallverarbeitung in der Hasel, Lichtenau und Schwarza, Begradigung
der Bäche mit Betonplattenausbau und Unterschreitung der Existenzwassertiefe
für Fische bei Niedrigwasser, nennt Böhm nur einige der Ursachen
für den damaligen Niedergang der heimischen Fischbestände.
Viele Stunden Freizeit
„Dagegen haben wir protestiert und Änderungen für den Schutz
der Gewässer verlangt. Zu dieser Zeit waren nicht mehr nur die Fische,
sondern über die einhergehende Grundwasserverseuchung auch wir Menschen
gefährdet. Wegen zu hoher Nitritwerte im Grundwasser mußten
in einigen Orten die Mahlzeiten für Säuglinge mit Mineralwasser
zubereitet werden.“
Die Not der Fischbestände war so groß, daß die Angler
nicht nur protestierten, sondern prak-tisch umsetzbare Lösungen zum
Erhalt der wichtigsten Arten - Äsche und Bachforelle - suchten und
umsetzten. „Es wurden Schonreviere für Laichtiergewinnung und Aufzuchtbäche
ein-gerichtet und Am Weidig in Meiningen eine Anlage für Nachwuchslaicher,
Laicher und zur Erbrütung von Bachforellen und Äschen errichtet“,
erinnert sich der Petrijünger. Der riesige Freizeitaufwand habe sich
gelohnt. Im Jahr waren es bis zu 70.000 Äschen und 100.000 Bachforellen,
die erbrütet und ausgesetzt wurden.
Nach der Wende hat sich die Qualität der Fließgewässer
deutlich verbessert. Die Anlage Am Weidig wird aber weiter für die
Erbrütung von jährlich 150.000 Bachforellennachwuchs betrieben.
„Dafür und für die Hege der Angelgewässer leisten die Meininger
Petrijünger jährlich bis zu 1.200 Stunden unentgeltlich. Die
Bachforellen aus heimischen Beständen müssen noch auf lange Sicht
künstlich erbrütet werden.“ Bachforellen benötigten für
Existenz und Reproduktion völlig intakte Fließgewässer.
Gute Sauerstoffverhältnisse, Gewässerstruktur, eine ganzjährig
ausreichende Wasserführung und nur kleinste Belastungen besonders
während der Brutzeit würden den natürlichen Bestand sichern.
Diese Bedingungen seien zur Zeit in den meisten Fließgewässern
nicht vorhanden.
Als Beispiel nennt Böhm auch: „Die Bachforelle ist ein Winterlaicher.
Im November und Dezember wandert sie aus ihren Unterständen auf flache
Kiesbänke zum Laichen. Abgelegte Eier, soweit sie befruchtet sind,
liegen 90 bis 110 Tage im Kies und sollten dann als Larven schlüpfen.
Leider wird daraus nichts.
Abwasser aller Art führt in der langen Winterzeit zur Verpilzung
der Eier und dort, werden sie bei Hochwasser ausgeschwemmt.“ Deshalb müßten
die Angler bei der Erhaltung der Bestände noch lange nachhelfen. Dazu
diene die Erbrütungsanlage in Meiningen. Hier werde die gesamte Bachforellenbrut
herangezüchtet, die dann in den Angelgewässern ausgesetzt würden,
weil sie nun bessere Überlebenschancen hätten.
Auch ein Feuchtbiotop
Die Anlage am Weidig sei aber auch ein Feuchtbiotop mitten in der Stadt.
„Der große Teich wird schon lange nicht mehr zur Aufzucht genutzt.
Er ist unser Ökoteich. Hier vermehren sich verschiedene heimische
Fische wie Plötze, Rotfeder, Schleie, Ukelei, Moderlieschen, Karau-sche
und Stichlinge von selbst. Es ist ein begehrter Laichplatz für Lurche.
Im März/April kommen die laichreifen Erdkröten zu hunderten zum
Ablaichen und im Juni/Juli verlassen tausende Jungtiere ihre Kinderstube
in die angrenzenden Gärten und Berge,“ erzählt Böhm. Die
Vogelwelt fühle sich in der Anlage auch sehr wohl, weil das Nahrungsangebot
reichlich und gut sei. Im Sommer seinen Zaunkönige, Meisen, Finken,
Amseln, Grasmücken und mehr zu beobachten. „Gelegentlich schlugen
der Sperber und der Turmfalke zu und der Rote Milan holt sich im Vorbeiflug
einen toten Fisch. Ein Teil der Vögel bleibt als Überwinterer,
weil das war-me Quellwasser die Teiche nur sehr selten zufrieren lasse
und dadurch die Nahrungsquelle erhalten bleibe.
Angeln und Naturerhaltung und Pflege würden also durchaus als
Einheit betrachtet, aber die Natur müsse im Einklang gehalten werden.
Und das bedeute eben auch, daß beispielsweise der Kormoranbestand
in Grenzen gehalten werden müsse.
Andreas Kirsch (Geschäftsführer im Verband für Angeln und Naturschutz Thüringen e.V.)