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- Schreiben zum Beitrag in der Thüringer Allgemeinen
- Einige Fotos, aufgenommen Ende Februar 2001 vor Ort
- Sportfreunde melden sich zu Wort


Zum Beitrag: „Lachse liegen auf der Lauer“, TA vom 23.02.2001 von Frank Buhlemann
(siehe Presse-Schau auf dieser Website)


Immer diese Nörgler ...

... wird sich so mancher beim Lesen des o.g. Artikels gedacht haben.
Schließlich wird hier an Grundfesten unserer Allgemeinbildung gerüttelt, wonach bereits ein Vorschulkind genau weiß: Strom aus Wasserkraft ist die sauberste Art der Energiegewinnung !
Aber nun heißt es auf einmal, dass damit natürliche Lebensräume zerstört werden ?!

Zum Glück kann aber allen Verunsicherten geholfen werden, denn seit wenigen Tagen ist im Landkreis Weimarer Land ein Musterbeispiel für diese ketzerischen Thesen zu bewundern.
An der Ilm zwischen Bad Berka und Tannroda hat im ehemaligen „Martinswerk“ eine Turbine begonnen, ihre Rotoren zu drehen.

Kurz zur Geschichte: Im März 1999 wurde per Bescheid durch das Landesverwaltungsamt einer Weimarer Planungsgesellschaft der Bau einer Turbinenanlage in besagtem „Martinswerk“ bewilligt.
Da aber darin die Belange des Natur- und Umweltschutzes, sprich der Ilm, deutlich vernachlässigt wurden, legten die betroffenen Anglervereine Widerspruch dagegen ein.
Es dauerte fast zwei Jahre, genau bis zum 15.02.2001, bis der Widerspruch durch das Landesverwaltungsamt entschieden wurde.
Diese Zeit hatte jedoch der angehende Kraftwerksbetreiber nicht ungenutzt verstreichen lassen. Der beim Hochwasser 1994 zerfallene Mühlgraben war geflickt worden, eine neues Turbinenhaus wurde gebaut (für alle Nachahmer: Die Bauaufsicht im Landratsamt Weimarer Land lässt sich mit ein paar schönen Worten davon überzeugen, dass dafür eine Baugenehmigung vorliegt.) und ein Prachtstück von Turbine wartete auf den Startschuss.

Der nun ergangene Bescheid, aus dem der Betreiber offensichtlich auch eine Betriebsgenehmigung für sich ableitet, wägt die gegensätzlichen Interessen des natürlichen Flusssystems der Ilm einerseits und dem wirtschaftlichen Bestreben des Anlagenbetreibers andererseits, gründlich ab. Darin wird der Ilm und ihren Bewohnern ausreichend Restwasser zugestanden und die Fische dürfen die seit Januar 2000 fertiggestellte Fischtreppe benutzen.

So weit die Theorie.

Vor Ort stellt sich das Ganze etwas anders dar: Der Mühlgraben ist randvoll und bringt Wasser soviel die Turbine nur schlucken kann.
Die Ilm sieht dagegen etwas traurig aus. Im Bereich der 800 m (!) langen Ausleitungsstrecke schlängelt sie sich träge hin, wie man es sonst nur aus Niedrigwasserzeiten im Hochsommer kennt. Das Wehr, wo es zu dieser Jahreszeit so richtig tosen müsste, wird nur von einem zarten Wasserfilm überspült. Hier sollte sich lt. Bescheid auch die Fischtreppe befinden. Diese existiert jedoch genau so wenig, wie Messmarken oder Pegel, die eine Überprüfung der Restwassermenge in der Ilm ermöglichen würden.

Zurück zum Martinswerk. Mit etwas Glück kann der Betrachter am Turbinenauslauf eine der prächtigen Ilm-forellen beobachten, die gerade vom Laichen flussabwärts in ihr Revier zurückkehrt – jedoch leider zerhackt ! Und wofür das Ganze ? Man kann davon ausgehen, dass die Anlage unter optimalen Bedingungen ungefähr die halbe Leistung eines Kleinwagens (ca. 25 kW) erzeugen kann. Das wir mit dieser Ausbeute die zukünftigen Energieprobleme nicht lösen werden ist sicher, genau so sicher wie die Zerstörung unserer Thüringer Flüsse durch diese Anlagen.

Übrigens: Den jetzigen Betreiber der Anlage wird man bei einem Spaziergang am Martinswerk nicht treffen. Der wohnt nämlich in Westphalen und möchte in Thüringen nur (Zitat) „etwas für seine Altersvorsorge tun“.

Im Auftrag des Ilmtal-Fliegenfischer Vereins e.V. Bad Berka
Michael Müller
Vorsitzender


So sieht die Praxis aus am Martinswerk (die Bilder wurden am 25.02.2001 aufgenommen):
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Bild 1: Das Wehr fast trocken und der Mühlgraben randvoll !
Wo sind denn die im Bescheid festgesetzten 1100 Liter/Sekunde ?
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Bild 2: Das trockene Wehr noch einmal in Nahansicht.
Übrigens: Sehen Sie eine Fischtreppe ?
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Bild 3: Hier fließt nichts: Schieber komplett geschlossen !!!
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Bild 4: Der randvolle Mühlgraben !
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Bild 5: Da ist das gute Stück, daß der Menschheit soviel Nutzen bringen soll...
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Die folgenden Bilder wurden am 01.03.2001 vom VANT Geschäftsführer
Andreas Kirsch aufgenommen, bei einer Krisensitzung vor Ort:
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Ein Fortschritt ? Als erste Maßnahme des Staatlichen Umweltamtes in Erfurt
wurde ein Block herausgesägt. Für eine Restwasserabgabe von etwa 200 Liter.
Mehr war nicht drin !
Ist das schon alles, was man von einem derartigen Amt erwarten kann ?


Das Münchner Wehr: wieder "Furz-Trocken" !
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klägliches Restwasser in der Ausleitungsstrecke...
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Der Schieber voll offen. Damit ja kein Liter verlorengeht für die "grüne" Stromerzeugung.
Fische und andere Lebewesen im Hauptfluß ? EGAL !!!


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Hier noch zwei Fotos vom letzten Herbst von der riesigen Turnbine:

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04.05.2001
Sehr geehrter Herr,
mit Intersse lese ich alles über die Ilm. Ich bin im VDSF organisiert und hatte schon das Glück in Tannroda eine Äsche von 34cm zu fangen.Für dieses Glück reise ich aus Leipzig an.
Mit der geplanten Wasserkraftanlage in der Ilm finde ich eine "Riesensauerei" da ich mich im vorigen Jahr bereits selbst über die dauernden niedrigen Wasserstände
überzeugen konnte.
Mit Angeln hat es nichts mehr zu tun, wenn man wie - einem Quirl gleich - im Wasserloch herumrührt!
Und überhaupt: Wasserkraftanlagen - ob schonend oder nicht - gehören in den Müll und nicht noch staatlich gefördert!!! Sämtliche Flüsse in meinem Umkreis sind schon plattgemacht worden und ich muß ein ganzes Stück fahren um überhaupt meinem Hobby nachgehen zu können! Jetzt soll es auch noch bei Ihnen losgehen.
Bitte tun Sie alles, damit das nicht passiert!!!
Ich denke aber auch, daß man die Öffentlichkeit über den angeblichen "Öko-Strom" mal richtig und umfassend informieren muß. Mit Power- Mix von "Eon" will ich jedenfalls nichts zu tun haben!!
Wissen denn die Verantwortlichen nicht, daß auch Tiere im Wasser leben? Wenn nicht, wieso mußte ich dann eine Fischereiprüfung machen?
Die sollen Propeller auf´s Feld stellen und die Mäuse verjagen! Das ist besser und vor allem: In meinem Sinne - als Souverän!!
Stauungen, Verbauungen und Begradigung von Flüssen ist ein Eingriff in die Natur und immer mit Folgen verbunden - ob Hochwasser, Auswirkungen auf Tier- und Pflanzenwelt - immer hat es Folgen. Manche denken halt immer noch, daß man mit Geld
die Flora und Fauna bezahlen kann! Wir aus Leipzig sind damals auch auf die Strasse gegangen, um den Raubbau an der Natur und der Umwelt zu verhindern, der von der DDR-Regierung begangen wurde. Das Leben von der Substanz wurde u.a. angeprangert.
Wenn ich aber heute schaue, hat sich nicht allzuviel verändert. Klar, man kann nach Mallorca und dem Massentourismus frönen.
Leider habe ich aber keine Freude daran, weil alles nur noch Beton ist - wie die Mauer! Lassen Sie bitte nicht nach in Ihren bemühungen, auch diesen Beton zum Einstürzen zu bringen!

Mit freundlichen Grüßen und Alles Gute
Ihr Wolfgang Schröter aus Leipzig



06.05.2001
Lieber Herr Schröter,
vielen Dank für Ihre Nachricht und Ihre Anteilnahme.
Natürlich können Sie sicher sein, dass wir alles daran setzen werden, diese "Mauer" einzureissen. Einfach ist die Sache auf jeden Fall nicht.
Unseren Naturschutzbemühungen steht eine geballte Macht gegenüber:
Die äusserst finanzstarke (und staatlich geförderte) Wasserkraftbetreiber-Lobby mit weitreichenden politischen Beziehungen. Die Landesregierung und Behörden, die sich allzugerne hinter Ihren Gesetzen verstecken und die in der "Zwickmühle" stecken, sich zwischen dem politisch gewollten grünen Strom und dem Schutz der Natur entscheiden zu müssen und somit lieber gar nichts tun. Die unwissenden Mitbürger, die von den Medien nur unzureichend informiert werden, da diese eine umfassende Berichterstattung immer wieder ablehnen, bzw. nicht zustande bringen, obwohl sie von uns mit allem Material versorgt werden.
Nun - wir haben uns zwei Jahre gegen diese Übermacht abgstrampelt ohne nennenswerte Ergebnisse. Nun werden sich Anwälte und Gerichte mit der Angelegenheit beschäftigen.
Sie könnten der Sache sehr behilflich sein, indem Sie jederzeit und überall mobil machen und Aufklärungsarbeit leisten, da selbst in Angler-Reihen ein großes Wissendefizit und Desinteresse besteht.
Viele Grüße
Michael Müller
Webmaster und Vorsitzender des Ilmtal Fliegenfischer Vereins