Meininger Tageblatt vom 19.03.01

Keine Gnade für Fischräuber

In einem Halbjahr über 60 Kormorane, Graureiher und andere Vögel geschossen

Meiningen: Der Abschuß von Kormoranen und Graureihern sowie weiterer Wasservögel durch Fischzüchter und Angler war Thema bei der jüngsten Sitzung des Naturschutzbeirates. Die Mitglieder des kreislichen Gremiums berieten unter anderem darüber, wie künftig mit entsprechenden Anträgen umzugehen sei. Über 60 Abschüsse in einem Halbjahr waren einigen Naturschützern zu viel. Sie forderten Maßnahmen zum Schutz des Federviehs.

Wolfgang Kämpf, Leiter der Abteilung Umwelt im Landratsamt, informierte, daß im Winter-halbjahr 1999/2000 insgesamt 60 Kormorane zum Abschuß freigegeben worden seien. 45 Kormorane hätten die Antragsteller eigenen Angaben zufolge schließlich zur Strecke gebracht. 25 Abschüsse hiervon habe ein heimischer Fischzuchtbetrieb bei der Behörde gemeldet. „Der Betrieb schöpft seine Genehmigung regelmäßig aus“, berichtete Wolfgang Kämpf. Anders sehe es hingegen bei den Angelvereinen und Privatleuten aus, die ein Gewässer gepachtet hätten. 35 Abschüsse wären möglich gewesen, und 20 seien gemeldet worden.
Auch in diesem Winterhalbjahr haben die Untere Naturschutzbehörde wiederum Genehmigun-gen für das Schießen von 60 Kormoranen erteilt. In ganz Südthüringen sei der Abschuß von insgesamt 150 dieser Vögel erlaubt worden, erkläre der Abteilungsleiter zu Vergleich.
Eine effektive Kontrolle der Abschußzahlen gebe es nicht, die wäre nicht praktikabel. Die Antragsteller müßten lediglich bis 01. Mai melden, wie viele Tiere sie tatsächlich abgeschossen hätten. „Ich gehe aber nicht davon aus, daß es eine Dunkelziffer gibt und mehr als erlaubt geschossen werden, da die genehmigten Zahlen nicht ausgeschöpft werden“, begründete Kämpf.

*Schäden abgewendet*

Die Ziele, Schäden von der Fischereiwirtschaft abzuwenden, und die Vögel zu „vergrämen“, habe man erreicht, schätzte der Abteilungsleiter ein. Allerdings sei es fraglich, in welchem Umfang man diese Effekte bei Angelgewässern überhaupt erzielen könne, weil die Kormorane doch sehr flexibel seien.
Die Zahl der Graureiher sei im hiesigen Kreis seit rund 20 Jahren relativ konstant. Jährlich würden zwischen 30 und 50 Brutpaare gezählt, vorwiegend in den Bereichen Wasungen und Schwickershausen. Im Winterhalbjahr 1999/2000 seien von 31 Abschuß freigegebenen Reihern 24 auch geschossen worden, davon die meisten wiederum von dem besagten Fischzuchtbetrieb.
Anträge habe es in diesem Winterhalbjahr für 76 Graureiher gegeben, 37 dürften getötet werden. „Für den Speicher in Jüchsen wurde keine Genehmigung erteilt. Auf 20 Hektar Wasserfläche gibt es dort acht Graureiher. Die können keine schwerwiegenden Schäden hervorrufen“, meinte der Abteilungsleiter. Was andere Wasservogelarten anbelangt, so habe es Abschußanträge für Höckerschwäne, Reiherenten und Haubentaucher - den Vogel des Jahres - gegeben. Diese seien vorwiegend von dem Fischzuchtbetrieb gestellt worden. „In diesen Fällen sind gesetzliche Ausnahmen möglich“, erläuterte Kämpf. Genehmigungen seien schließlich in aus naturschützerischer Sicht vertretbaren Größenordnungen erteilt worden.
Eine Lanze für die Fischereiwirtschaft brach der Leiter des Landwirtschaftsamtes, Hartmut Aus. Bei den Tieren, die sich an der Fischzuchtanlage aufhielten, handele es sich ja nicht um Teichvögel. Sie seien lediglich wegen des einfachen Nahrungserwerbs dort. „Wenn man die Größe der Population eingeschätzt hat, kann man sie dann gegebenenfalls auch dezimieren“, meinte der Leiter des Landwirtschaftsamtes.

*Beirat soll mitreden*

Frank Henkel, Vorsitzender des BUND Kreisverbandes, vertrat die Ansicht, daß dem Naturschutzbeirat künftig ein Mitspracherecht bei der Erteilung der Abschußgenehmigung eingeräumt werden sollte. Den Antragstellern müßten Grenzen aufgezeigt werden. Wolfgang Kämpf versprach zu prüfen, inwieweit der Beirat an den Entscheidungen beteiligt werden könne.
Kämpf unterbreitete darüber hinaus auch selbst einen Vorschlag zum Schutz der Vögel. „Der Naturschutz sollte ernsthaft darüber nachdenken, bestimmte Gewässer in seine Obhut zu nehmen und dort eine Ablenkfütterung für die Vögel vorzunehmen“, regte der Abteilungsleiter Umwelt an. Natürlich müßte zuvor geklärt werde, ob das überhaupt praktikabel und finanzierbar sei.
 

FREIES Wort vom 07.04.01 (Leserbrief)

Gefräßige Vögel

Betrifft: „Je mehr Stress, um so mehr wird gefressen“ (Ausgabe vom 30.03.02)

Aus der Sicht der Fischer und Angler sind die Äußerungen in diesem Artikel nicht unumstritten. Wenn Herr Kämpf, Abteilungsleiter Umwelt beim Landratsamt, ein „geschätztes“ Vorkommen von 100 bis 150 Kormoranen nennt, ist das gelinde gesagt die Unwahrheit. Die doppelte Anzahl ist als unterste Grenze in den Monaten November bis Februar anzusehen. Warum werden Kontrollgänge nicht gemeinsam mit den Anglervereinen durchgeführt? Auch müssen wir feststellen, daß die ersten Kormorane bereits im August 2000 an der Werra  vorhanden waren und auch zur Zeit noch da sind. Das war vor zwei bis drei Jahren nicht der Fall. Wir müssen befürchten, daß sich die ersten Brutkolonien bilden.
Das wäre das Ende unserer einheimischen Fischbestände, zumal in den letzten zwei Jahren schon erhebliche Minderungen bei drei- bis vierjährigen Äschen- und Bachforellenbeständen vorhanden sind. Liegt das in Ihrem Interesse? Bei allem Respekt Ihrer ehrenamtlichen Arbeit, die auch viele von uns seit Jahren leisten, muß ich das zur Zeit bejahen! Denn über unsere ein-heimischen Fischarten - zur Zeit etwa 30, die täglich von den gefräßigen Kormoranen verschlungen werden, auch einige, die wie aus eigenen Mitteln wieder angesiedelt haben, wie Barbe und Quappe und einige Fischarten, die auf der roten Liste stehen, haben Sie auf Ihrer Sitzung nichts ausgesagt. Alles was unter der Wasserfläche lebt, ist für Sie wahrscheinlich unbedeutend. Ist das Ihr Verständnis für einen umfassenden Naturschutz? Selbst der Vorsitzende des LV-NABU Thüringen, Herr Dr. von Knorre, hat betont, daß keine Brutkolonien von Kormoranen in Thüringen akzeptiert werden. Bei wem sollte ein Umdenken einsetzen? In erster Linie doch bei Ihnen selbst. Eine Ablenkfütterung kann man beim Abwehren von Wildschweinen auf landwirtschaftlichen Flächen einsetzen. Welch ein unsinniger Vorschlag, das auch bei Kormoranen anzuwenden. Und der Eisvogel soll nicht und wird nicht abgeschossen. Das wird der gefräßige Kormoran selbst erledigen, indem er ihm und auch der Wasseramsel die Nahrungsgrundlage weg fischt. Was ist das für ein Zynismus, wenn der Henkel vom BUND sagt, daß die angeblichen Schäden bei den Fischbeständen auch nachgewiesen werden müssen. Fressen die Kormorane, die täglich bei uns fischen, Steine? Meine Damen und Herren „Naturschützer“, nehmen sie endliche Ihre Verantwortung für unsere heimischen Fischbestände wahr. Es wird der Naturschutzbehörde und Ihnen als Naturschutzbeirat nicht entgangen sein, daß dem Thüringer Landtag ein Auftrag vorliegt, in den kommenden Jahren ein Thüringer Wanderfischprogramm durchzusetzen. Dabei hat die Werra mit ihren Nebenflüssen höchste Priorität.
Deshalb nenne ich abschließend nochmals kurz unsere Forderungen als Thüringer Fischer- und Anglerverbände: Änderungen der Thüringer Kormoranverordnung hinsichtlich einer ganzjährigen Bejagung. Aus Gründen des Artenschutzes ist auch in Naturschutzgebieten die Bejagung auf Antrag zu lassen. Eine Bejagung in den übrigen Gebieten muß per Kormoranverordnung ohne Auftrag möglich werden. Übrigens ist dies in Bayern und Baden-Württemberg schon in Verordnungen geregelt.

Klaus Schramm, 1. Vorsitzender des Werrafischer Vereines Schwallungen e.V.
 

Meininger Tageblatt vom 12.04.01

Betrifft: Artikel „Keine Gnade für Fischräuber“, MT vom 19.03.01

Beim Überfliegen der Überschriften hat mich diese sofort interessiert. Wer hat nun wieder irgendwo Fische unrechtmäßig  entnommen oder einen Frevel begangen? Ich war schnell im Bilde und fassungslos über eine Darstellung von Naturschützern und deren Gegnern - der Angler und Fischzüchter, die sich erlaubt hatten, Anträge zum Schießen von Graureihern und Kormoranen zu stellen. Schon fast hämisch oder bissig wird resümiert, daß die Antragsteller ihr Abschußziel nicht erreicht haben und sowieso in Zukunft die Naturschützer ein Wörtchen mitzureden haben, weil die beantragten Abschüsse grundsätzlich schon zu hoch sind. Ich habe mir dann die Frage gestellt, wer ich eigentlich bin, weil ich mich schon sehr lange um den Erhalt funktionierender Ökosysteme am und im Wasser bemühe, aber auch genauso lange Angler bin. Und die vielen Angler, die ich kenne, die sich auch so um Naturschutz bemühen, und die Fischzüchter die nur in einer intakten Gewässerumwelt Fische züchten und produzieren können, sind sie auch Naturschützer?! Oder nicht!?
Die Schäden, die Kormorane nicht nur bei uns anrichten, sind bekannt und es sollte über sachliche Lösungen der Situation nachgedacht und entschieden werden.
Wir Angler lassen uns nicht in eine Antinaturschutzrichtung drängen, weil wir uns gegen die Bedrohung unserer gehegten Fischbestände durch Kormorane wenden. Kormorane hatte vor 1990 hier an der Werra kein Mensch gesehen. Auch die Alteingesessenen kannten den Kormoran nur aus Büchern, bei entsprechendem Interesse. Als ich die ersten bewußt 1990 sah, dachte ich, es sind Überflieger wie manchmal Kraniche hoch oben zu beobachten sind. Aber es wurden sehr schnell in jedem Spätherbst und Winter immer mehr Kormorane. Und unsere gehegten Fischbestände außerhalb von Siedlungen werden immer weniger. Am schlimmsten haben sie die Fischbestände im Raum Belrieth und unterhalb Meiningens geplündert. Unsere mühselig, mit zahlreichen Schutzmaßnahmen zusätzlich zum Thüringer Fischereigesetz aufgebauten Bestände sind erheblich geschrumpft. Unsere wertvollen Laichermuttertiere im Weidig mußten durch teure Netze geschützt werden, sonst wären sie auch schon nicht mehr vorhanden. Unsere Äschenbeständ4e, die wir in den schlechten Jahren gerettet hatten und nun durch die bessere Wasserqualität als Frühjahrslaicher durch Eigenvermehrung wieder aufblühten, werden ebenso wie unsere Bachforellen gnadenlos durch Kormorane und Graureiher in bedrohlicher Weise dezimiert. Es ist ein Hohn für mich, wenn dann auch noch von Ablenkfütterung die Rede ist.
Nach dem Thüringer Fischereigesetz haben die Angler unter Beachtung der Vorschriften das Recht zu angeln und die Pflicht, Gewässer und Fischbestände zu hegen. Zusätzlich verpflichtet das Gesetz den Schutz von seltenen heimischen Fischen z. B. der Barbe. Wir Angler in Meiningen und der Hegegemeinschaft Werra halten uns an dieses Gesetz und die auferlegten Pflichten. Wir bezahlen nicht wenig Pachtgebühren, wie Geld für Besatz und leisten sehr viele Stunden für die Hege der Gewässer. Wir sind auch Steuerzahler und Wähler und haben ein Recht und die Pflicht, uns zu wehren, wenn unsere heimischen Fischbestände einem Vogel, der nicht hierher gehört, geopfert werden sollen, und die Fließgewässer dadurch ihren ökologi-schen und wirtschaftlichen Wert verlieren, zu einem hydraulischen Fließen verkommen. Erst wenn dieser Zustand erreicht ist, werden die Kormorane wegbleiben. Eine Entwicklung, die wir Angler nicht akzeptieren können. Geldgeber und Leistungsträger, um als Futtermeister für Kormorane und Graureiher zu wirken, sind wir nicht.

Walter Böhm, Bodenweg 18, Meiningen
 
 

Meininger Tageblatt vom 14.04.01

Nur Futter für Kormorane?

Meininger Petrijünger Walter Böhm zu Hege der Fische und Problemen

Meiningen: „Die Hegegemeinschaft Werra will dieses Jahr 400 Laichbarben in den Fluß aussetzen, damit sie sich wieder zum Leitfisch der Region entwickeln. Der ganzjährige Schutz und die Investition ist aber, so vermute ich, für die Kormorane. Zumindest solange Leute dessen Daseinsberechtigung an der Werra für richtig und wichtig erachten“. Walter Böhm, seit 43 Jahren Angler und Naturschützer, ist sauer. Sauer über die Auffassungen so mancher Umweltschützer, die sich gegen den Abschuß von Kormoranen aussprechen. Und er weiß, wovon er spricht - auch als Naturfreund.

„Seit einiger Zeit beobachte ich mit anderen Anglern aus Nahdistanz Kormorane beim Fischen in der Werra, mitten im Siedlungsgebiet. Dabei fischen sie gezielt an Stellen, wo Äschen stehen und sie fangen sie auch. Die Fangleistung hat mich erschüttert. In weniger als fünf Minuten hat ein Vogel bis drei Fische gefangen und gefressen. Der kürzeste Tauchgang mit Fischerfolg waren fünf und der längste 35 Sekunden. Scheuchen, Händeklatschen oder auf Holz schlagen hatte überhaupt keine Wirkung.“

Seit 43 Jahren Angler

Die meisten zu schützenden Fische haben laut Böhm jetzt nach dem Gesetz Schonzeit. „Daran halten sich natürlich die Kormorane nicht. Wir haben ja kein Schild am Wasser, wo sie das entnehmen können ... Eines haben sie aber schnell begriffen: Es fischt sich am Besten, wo gut Fisch steht, keine Gefahr droht und die Arten schlank und rutschiger für den Hals sind“, schildert Böhm.
Seit 43 Jahren ist er Angler. Sehr früh habe er erkannt, daß zu diesem Hobby unbedingt die Hege und der Erhalt der heimischen Fischarten und der Gewässer gehörten. „In einer Zeit, in der Naturschützer Bespitzelungen allgegenwärtig spürten und man sehr sorgfältig vorgehen mußte, um überhaupt gehört zu werden, habe ich den größten Teil meiner Freizeit dem Naturschutz geopfert. Das Absterben der Gewässerbiotope im gesamten Werra-Einzugsgebiet war unerträglich und stellenweise katastrophal“, erinnert sich Böhm. Schwarza. Lichtenau, Hasel und die Bibra beispielsweise seien Ende der 70er Jahre biologisch tote Gewässer gewesen. Eingaben und Forderungen im Sinne der vorhandenen Gesetze, die seine Freunde und er einreichten, sollten die Mächtigen im Kreis und Bezirk zum Handeln zwingen. „Es war oft vergebens, weil sie die drohende Umweltschädigung nicht begriffen und wir zu wenige waren. In dieser Zeit habe ich nur sehr wenige kennen gelernt, die mir zur Seiten standen. Um so verwunderlicher ist es, wie viele sich heute Natur- und Umweltschützer nennen. Ich habe sie früher jedenfalls nicht in so großer Zahl bei uns bemerkt“, sagt Böhm.

Gewässer belastet

1958, als er Angler wurde, habe die Eigenvermehrung der Äschen, Barben, Hasel, Döbel, Hechte Elritzen und anderer heimischer Fische in der Werra problemlos funktioniert. Bis 1975 hat sich dieser gesunde Zustand nach Böhms Beobachtungen gründlich geändert. In der Werra und in den meisten Bächen war die Gewässerqualität über weite Strecken von gering belastet in kritisch belastet abgesackt. Die Fließgewässer waren auf der Sohle vom grauen, wabbeligen Abwasserrasen überzogen. Diese Pilzkulturen führten zu Verpilzungen aller Fischarten, besonders bei den Äschen und Forellen und zum Totalausfall der Reproduktion über weite Strecken.
Keine vollbiologischen zentralen Kläranlagen, Übergüllung landwirtschaftlicher Flächen und Punktentleerung der Gülle, überlaufende Sickersaftgruben an Silageanlagen, Gelbmittelspritzung, toxische Frachten von der Metallverarbeitung in der Hasel, Lichtenau und Schwarza, Begradigung der Bäche mit Betonplattenausbau und Unterschreitung der Existenzwassertiefe für Fische bei Niedrigwasser, nennt Böhm nur einige der Ursachen für den damaligen Niedergang der heimischen Fischbestände.

Viele Stunden Freizeit

„Dagegen haben wir protestiert und Änderungen für den Schutz der Gewässer verlangt. Zu dieser Zeit waren nicht mehr nur die Fische, sondern über die einhergehende Grundwasserverseuchung auch wir Menschen gefährdet. Wegen zu hoher Nitritwerte im Grundwasser mußten in einigen Orten die Mahlzeiten für Säuglinge mit Mineralwasser zubereitet werden.“
Die Not der Fischbestände war so groß, daß die Angler nicht nur protestierten, sondern prak-tisch umsetzbare Lösungen zum Erhalt der wichtigsten Arten - Äsche und Bachforelle - suchten und umsetzten. „Es wurden Schonreviere für Laichtiergewinnung und Aufzuchtbäche ein-gerichtet und Am Weidig in Meiningen eine Anlage für Nachwuchslaicher, Laicher und zur Erbrütung von Bachforellen und Äschen errichtet“, erinnert sich der Petrijünger. Der riesige Freizeitaufwand habe sich gelohnt. Im Jahr waren es bis zu 70.000 Äschen und 100.000 Bachforellen, die erbrütet und ausgesetzt wurden.
Nach der Wende hat sich die Qualität der Fließgewässer deutlich verbessert. Die Anlage Am Weidig wird aber weiter für die Erbrütung von jährlich 150.000 Bachforellennachwuchs betrieben. „Dafür und für die Hege der Angelgewässer leisten die Meininger Petrijünger jährlich bis zu 1.200 Stunden unentgeltlich. Die Bachforellen aus heimischen Beständen müssen noch auf lange Sicht künstlich erbrütet werden.“ Bachforellen benötigten für Existenz und Reproduktion völlig intakte Fließgewässer. Gute Sauerstoffverhältnisse, Gewässerstruktur, eine ganzjährig ausreichende Wasserführung und nur kleinste Belastungen besonders während der Brutzeit würden den natürlichen Bestand sichern. Diese Bedingungen seien zur Zeit in den meisten Fließgewässern nicht vorhanden.
Als Beispiel nennt Böhm auch: „Die Bachforelle ist ein Winterlaicher. Im November und Dezember wandert sie aus ihren Unterständen auf flache Kiesbänke zum Laichen. Abgelegte Eier, soweit sie befruchtet sind, liegen 90 bis 110 Tage im Kies und sollten dann als Larven schlüpfen. Leider wird daraus nichts.
Abwasser aller Art führt in der langen Winterzeit zur Verpilzung der Eier und dort, werden sie bei Hochwasser ausgeschwemmt.“ Deshalb müßten die Angler bei der Erhaltung der Bestände noch lange nachhelfen. Dazu diene die Erbrütungsanlage in Meiningen. Hier werde die gesamte Bachforellenbrut herangezüchtet, die dann in den Angelgewässern ausgesetzt würden, weil sie nun bessere Überlebenschancen hätten.

Auch ein Feuchtbiotop

Die Anlage am Weidig sei aber auch ein Feuchtbiotop mitten in der Stadt. „Der große Teich wird schon lange nicht mehr zur Aufzucht genutzt. Er ist unser Ökoteich. Hier vermehren sich verschiedene heimische Fische wie Plötze, Rotfeder, Schleie, Ukelei, Moderlieschen, Karau-sche und Stichlinge von selbst. Es ist ein begehrter Laichplatz für Lurche. Im März/April kommen die laichreifen Erdkröten zu hunderten zum Ablaichen und im Juni/Juli verlassen tausende Jungtiere ihre Kinderstube in die angrenzenden Gärten und Berge,“ erzählt Böhm. Die Vogelwelt fühle sich in der Anlage auch sehr wohl, weil das Nahrungsangebot reichlich und gut sei. Im Sommer seinen Zaunkönige, Meisen, Finken, Amseln, Grasmücken und mehr zu beobachten. „Gelegentlich schlugen der Sperber und der Turmfalke zu und der Rote Milan holt sich im Vorbeiflug einen toten Fisch. Ein Teil der Vögel bleibt als Überwinterer, weil das war-me Quellwasser die Teiche nur sehr selten zufrieren lasse und dadurch die Nahrungsquelle erhalten bleibe.
Angeln und Naturerhaltung und Pflege würden also durchaus als Einheit betrachtet, aber die Natur müsse im Einklang gehalten werden. Und das bedeute eben auch, daß beispielsweise der Kormoranbestand in Grenzen gehalten werden müsse.
 

Andreas Kirsch (Geschäftsführer im Verband für Angeln und Naturschutz Thüringen e.V.)