CDU/SPD/PDS- Fraktion

im Thüringer Landtag

Arnstädter Straße 51

99096 Erfurt

10. Juli 2003

Anfrage zum Thema Kormoran:

Welchen Beitrag kann der Freistaat Thüringen zur Minderung erheblicher fischwirtschaftlicher Schäden in der Thüringer Berufsfischerei und zur Sicherung der Belange des Fischartenschutzes in den natürlichen Gewässern im Zusammenhang mit dem massenhaften Auftreten des Kormorans in Thüringen leisten?

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete,

im Ergebnis des 3. Rundtischgesprächs zum Thema Kormoran am 17.06.03 in Jena konnten zusammenfassend folgende Feststellungen getroffen werden:

Ausgehend von der gegenwärtigen "Patt- Situation" sind nach unserer Auffassung ernsthafte politische Aktivitäten auf Landes-, Bundes- und EU- Ebene erforderlich, um zu spürbaren Fortschritten bei der Lösung der bestehenden Probleme zu kommen.

Für die Mitglieder der Thüringer Verbände der Berufs- und Angelfischerei ist es daher wichtig zu wissen, ob die gewählten Vertreter der Landespolitik gewillt sind, sich für die Lösung der angesprochenen Probleme einzusetzen und einen wirkungsvollen Beitrag zur Sicherung des Berufsstandes der Binnenfischer und zum Schutz bedrohter Fischarten zu leisten.

In diesem Sinne bitten wir Sie um Beantwortung nachstehender Fragen:

  1. die ThürKorVO stellt in ihrer Fassung vom 06.10.1998 nur auf die Abwendung erheblicher fischwirtschaftlicher Schäden ab (§ 1 Abs. 1).

  2.  

     

    Würden Sie die Forderung der Fischereiverbände unterstützen, in die VO auch die Abwendung von Schäden an bestandsbedrohten Fischarten aufzunehmen?

    Wenn ja, wie schnell wäre diese Änderung möglich?

    Wenn nein, warum nicht?

  3. Bisher sind für die Bescheidungen der Anträge auf Vergrämungsabschüsse die unteren Naturschutzbehörden zuständig. Neben den Problemen der subjektiven Auslegung der Anträge durch die UNB stellt sich auch die Frage nach der sachlichen Zuständigkeit für den Fischartenschutz, welche nach unserer Auffassung den Fischereibehörden zusteht.

  4.  

     

    Könnten Sie sich vorstellen, die Zuständigkeit für die Erteilung von Ausnahmegenehmigungen im Sinne von § 43 Abs. 8 BNatSchG den für den Fischartenschutz zuständigen Fischereibehörden im ThürFischG, welches sich zurzeit in der Anhörung befindet, zuzuordnen?

    Wenn nein, warum nicht?

  5. Die bestehende ThürKorVO schließt eine Bejagung von Kormoranen in EG- Vogelschutzgebieten, Naturschutzgebieten und Nationalparks aus (§ 3). Mit der Herausnahme des Kormorans aus Anhang I der EG- Vogelschutzrichtlinie ist z.B. eine Schutzgebietsausweisung für Kormorane nicht mehr erforderlich. Gem. Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtes Würzburg (Nr. W5K99.244) kann jedoch auch in NSG zur Abwendung erheblicher fischwirtschaftlicher Schäden sowie zum Schutz der heimischen Tierwelt eine Ausnahme vom Tötungsverbot erteilt werden.

  6.  

     

    Würden Sie die Erteilung o.g. Ausnahmegenehmigungen in Schutzgebieten unter Beachtung des jeweiligen Schutzzieles politisch unterstützen?

    Wenn nein, warum nicht?

  7. Zum Kormorangespräch am 17.06.03 wurde seitens des TMLNU der Einfluss Thüringens, die Bundesregierung zum Einstieg in einen Europäischen Kormoranmanagementplan zu bewegen, als sehr gering eingeschätzt.

  8.  

     

    Sind Sie auch der Meinung, dass sich ein Thüringer Engagement zur Wiederherstellung eines ökologischen Gleichgewichts im Rahmen einer für die Europäische Kulturlandschaft zuträglichen Kormoranpopulation nicht lohnt?

    Wenn nicht, welche Aktivitäten wird Ihre Fraktion im Sinne der genannten Probleme auslösen?

  9. Seit einigen Jahren wurde der Kormoran aus dem Anhang I der EG- Vogelschutzrichtlinie herausgenommen, wodurch sich sein Schutzstatus allerdings nur geringfügig geändert hat. Um eine gezielte Bewirtschaftung der Kormoranbestände im Sinne eines ökologischen Gleichgewichts zu ermöglichen, wäre eine Zuordnung des Kormorans in Anhang II der EG- Vogelschutzrichtlinie erforderlich.

  10.  

     

    Würden Sie eine Antragstellung der Thüringer Landesregierung gegenüber der Bundesregierung bzw. der EU in diesem Sinne unterstützen?

    Wenn nein, warum nicht?

  11. Im Zuge der Umsetzung der EU- Wasserrahmenrichtlinie erfolgte kürzlich eine erste Erfassung der Fischbestände an 37 Messstrecken in Thüringen. Lediglich 2 dieser Strecken wiesen bezüglich der Fischfauna als biologische Qualitätskomponente zur Beurteilung des ökologischen Zustandes der Gewässer einen guten Zustand aus. Insbesondere das Fehlen der meisten Wanderfischarten aber auch die ungenügende Abundanz, Alterstruktur und Reproduktion von Leit- und Hauptfischarten vorwiegend in der Äschen- und Barbenregion führten zu dieser ersten Einschätzung. Neben Defiziten in der Gewässerstruktur stellt der hohe Prädationsdruck der Kormoranbestände auf die einheimischen Salmoniden sowie auf Barbe, Aal u.a. Arten die Erreichung der Ziele der WRRL ernsthaft infrage. Hinterfragt werden muss in diesem Zusammenhang auch der Sinn von Wiederansiedlungsprogrammen der Langdistanzwanderfische Lachs und Meerforelle, deren Jungtiere (Smolts) sich zwei Jahre in den Fließgewässern aufhalten und in dieser Zeit der Kormoranprädation ausgesetzt sind.

  12.  

     

    Sehen Sie, wie die Fischereiverbände, für die Thüringer Landesregierung akuten Handlungsbedarf zur Minderung des Kormoranproblems und seines nachteiligen Einflusses auf die Umsetzung der EU- WRRL?

    Wenn ja, welchen Einfluss wollen Sie auf die Gestaltung eines effizienten rechtlichen Rahmens zur Reduzierung des Kormoraneinflusses nehmen?

    Wenn nein, warum nicht?

  13. Zum letzen Kormorangespräch wurde durch unseren Verband die Einberufung einer "ständigen Arbeitsgruppe Kormoran" vorgeschlagen, um kontinuierlich und Effizient an den bestehenden Problemen zu arbeiten. Dieser Arbeitsgruppe sollten fachlich kompetente Vertreter der Fischerei- und Naturschutzverbände sowie der zuständigen Behörden angehören. Sicher wäre auch der unmittelbare politische Einfluss der Landtagsfraktionen von großer Bedeutung.
Halten Sie eine solche Arbeitsgruppe für sinnvoll?

Wenn ja, könnten Sie sich eine Beteilung eines Vertreters Ihrer Fraktion in dieser Arbeitsgruppe vorstellen?

Wenn nein, warum nicht?

Wir bitten Sie aufgrund des aus mehreren Gründen akuten Handlungsbedarfes um Beantwortung dieser Fragen noch vor der parlamentarischen Sommerpause.

Wir beabsichtigen, unsere Fragen und Ihre Antworten in der einschlägigen Thüringer Fachpresse und auf unserer Homepage der interessierten Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Schon jetzt möchten wir uns für Ihre Bemühungen bedanken.

Mit freundlichen Grüßen

Reinhard Karol Andreas Kirsch
Präsident Vizepräsident für Gewässer,
Natur und Umwelt



Anlage:

Beratungsmitschrift zum Kormorangespräch am 17.06.03 in Jena

Beratungsmitschrift

Kormorangespräch am 17.06.2003 im Vereinsheim der Jenaer Anglerunion

Teilnehmer:

Herr Thilo Kummer (MdL PDS) Herr Dr. Gabler (Präsident TLAFV)

Herr Dr. Wengerodt (TMLNU) Herr Pleikies (Geschäftsf. TLAFV)

Herr Hohlstein (TMLNU) Herr Posselt (Präsident TFV)

Frau Kühn (TLVA) Herr Menz (NABU)

Herr Dr. Wiesner (TLUG) Herr Sonntag (Präsidium AFVOT)

Herr Seybold (TLWJV) Herr Kemmler (HG Mittlere Saale)

Herr Schmalz (Hydrolabor Schleusingen) Herr Grobe (Jenaer AU)

Herr Liebig (Präsident TLJV) Herr Schmidt sr. (Fischzucht U- Feld)

Herr Karol (Präsident VANT) Herr Schmidt jr. (Fischzucht U- Feld)

Herr Kirsch (Vizepräsident VANT)

Vorbemerkung:

Die Beratungsmitschrift entspricht nicht in jedem Fall dem zeitlichen Verlauf des Gesprächs. Spätere Diskussionsbeiträge wurden zum besseren Verständnis den einzelnen Tagesordnungspunkten zugeordnet.

Eröffnet wurde die Gesprächsrunde durch Herrn Karol, Präsident des einladenden Verbandes für Angeln und Naturschutz Thüringen e.V.

TOP 1

Vortrag: Untersuchung zu Kormoranschäden und Parasitismus bei Kormoranen an der Lahn bei Marburg 2002/ 2003 (Herr JENNEMANN, Kirchhain)

In seinem Vortrag stellte Herr Jennemann Untersuchungsergebnisse zu Kormoranschäden, Nahrungsspektrum und –menge sowie Parasitenbefall bei Kormoranen vor (s. Zusammenfassung in der Anlage)

Die Untersuchungsergebnisse wurden mit Interesse zur Kenntnis genommen. Kontroverse Äußerungen gegenüber bestimmten Naturschutzverbänden fanden nicht in jedem Fall die Zustimmung der Anwesenden.

TOP 2

Auswertung der gemeinsamen Kormoranzählung 2002/ 2003 und der erfolgten Vergrämungsmaßnahmen (Herr Dr. WIESNER, TLUG)

Die Zusammenfassung der Ergebnisse liegt als Anlage bei. Grundsätzlich wurde eingeschätzt, dass die gemeinsamen Zählungen durch Naturschützer und Angler beide Seiten einander näher gebracht und zu neuen Einsichten geführt haben. Dr. Wiesner bedankte sich bei einer Reihe besonders aktiver Teilnehmer an der gemeinsamen Zählung.

Weiter Schlussfolgerungen:

  1. Probleme mit Kormoranen traten in Thüringen erst bei Überschreitung einer Anzahl von 15 000 Brutpaaren in Deutschland ca. ab 1995 auf.
  2. Vergrämungsmaßnahmen haben bisher keinen signifikanten Einfluss auf die Zahl der in Thüringen überwinternden Bestände gezeigt
  3. unkoordinierte Vergrämungen steigern den Energiebedarf der Tier und führen zwangsläufig zu gesteigerter Nahrungsaufnahme
  4. Von der insgesamt durch Angler und Kormorane aus natürlichen Gewässern in Thüringen entnommenen Fischbiomasse wurde theoretisch 20 % dem Kormoran zugerechnet, was nicht unbedingt als Katastrophe anzusehen sei.
Herr Dr. Wiesner verwies zusätzlich auf noch unveröffentlichte Untersuchungsergebnisse von KELLER und LANZ zu Erfahrungen mit dem Abschuss von Kormoranen in Bayern.

Ergänzend wurden von Frau KÜHN (TLVA) Übersichten zur Genehmigung von Abschüssen und deren Realisierung für den Zeitraum 1998/99 bis 2002/2003 an die Teilnehmer übergeben.

Im Ergebnis konnte festgestellt werden, dass insbesondere Vergrämungen an Schlafplätzen entweder zur Aufteilung der Schwärme in kleinere Trupps beziehungsweise Neugründung von Schlafplätzen in anderen Regionen geführt haben. Bezüglich der gemeldeten erlegten Kormorane wurden mit Ausnahme 2002/2003 (54 %) i.d.R. weniger als 50 % der Genehmigten Abschüsse realisiert. Bis auf wenige Ausnahmen wurden ab 1999/2000 fast alle Anträge positiv beschieden. Ursachen der Ablehnungen lagen z.T. in überspitzen Forderungen einiger UNB bei den erforderlichen Nachweisführungen für die Anträge, teilweise auch in unzureichender Form und Inhalten der Anträge durch die Antragsteller. Kritisiert wurde die oftmals ungenügende Umsetzung der Meldepflicht zu den realisierten Abschüssen (z.B. Zeitüberschreitung, unvollständige Angaben).

Zur allgemeinen Verwunderung der Anwesenden wurden durch Herrn Pleikies eigene Erhebungen des TLAV zur Kenntnis gegeben, welche weitaus höhere Zahlen bezüglich festgestellter Schlafplätze und überwinternder Kormorane beinhalteten. Leider tragen diese Ergebnisse nicht zu der im Vorjahr vereinbarten Zielstellung der gemeinsamen Zählung, Vertrauensbildung und gegenseitige Akzeptanz der Zahlen bei.

Herr Hohlstein empfahl die Zählung 2003/2004 gemeinsam zu wiederholen, da unterschiedliche Zahlen deren Glaubwürdigkeit infrage stellen. Herr Karol schlug vor, noch in diesem Jahr gemeinsam den Sommerbestand zu erfassen.

TOP 3

Untersuchungen zur Auswirkung des Kormorans auf die Fischbestände an der Saale im Raum Schwarza (Herr Diplombiologe SCHMALZ, Hydrolabor Schleusingen)

Eigentliches Ziel dieser Untersuchungen war eine Bestandsaufnahme des Fischbestandes mittels Elektrofischerei im Rahmen einer UVU im Herbst 2002 und Frühjahr 2003. Quasi als Nebeneffekt zeigten die Ergebnisse den offensichtlich gravierenden Prädationsdruck der Kormorane im Winter 2002/2003 auf die Fischbestände im Untersuchungsgebiet.

Zusammenfassend ergab sich, dass im Frühjahr 2003 trotz optimaler Abfischungsbedingungen die Bestände von Bachforelle und Äsche nahezu vollständig zusammengebrochen waren.

Gutachten mit ähnlichen Ergebnissen zu Untersuchungen der Äschenbestände an der Schleuse im Raum Schleusingen (GÖRLACH 2002) und der unteren Eder (ADAM/ SCHWEVERS 2003) können beim Einladenden eingesehen bzw. in Kopie bestellt werden.

Gleichlautende Erfahrungen konnten von anderen Teilnehmern der Beratung für ähnliche Gewässer in ganz Thüringen bestätigt werden.

Auch durch die Vertreter der Berufsfischer wurden schwere Schäden an den Satz- und Beifischbeständen in der Teichwirtschaft zur Kenntnis gegeben, welche die Existenz einiger Betriebe ernsthaft infrage stellen.

Diskutiert wurden in diesem Zusammenhang Fragen des Fischbesatzes in natürlichen Gewässern, da dieser insbesondere seitens des NABU in nahezu jeder Hinsicht abgelehnt wird.

In verschiedenen Diskussionsbeiträgen wurde herausgearbeitet, dass Fischbesatz in natürlichen Gewässern bei der gegenwärtig vorhanden wenig naturnahen Gewässerstruktur unverzichtbarer Bestandteil der Hege im Sinne von § 2 ThürFischG sein muss. Insbesondere im Rahmen von Wiederansiedlungsprogrammen ausgestorbener und verschollener Fischarten aber auch zur Bestandsstützung von Fischarten, welche infolge von Strukturdefiziten ihre Laichhabitate nicht erreichen können, bzw. deren Laichhabitate durch negative Umwelteinflüsse gestört sind, ist Fischbesatz ein notwendiges Erfordernis. Grundsätzlich sollten die Fragen des Fischbesatze auch in Umsetzung der WRRL mit den zuständigen Behörden und Verbänden im Sinne der Nachhaltigkeit und der guten fachlichen Praxis neu definiert werden.

TOP 4

Hat sich der Erlass vom 08.08.02 zur ThürKorVO spürbar auf die Minderung von erheblichen Schäden in der Fischwirtschaft und zum Schutz bedrohter Fischarten ausgewirkt? Welche Schlussfolgerungen ergeben sich daraus?

Insgesamt kam die Erkenntnis zum Tragen, dass auch der o.g. Erlass die Probleme in der Berufsfischerei und in den natürlichen Gewässern nicht aufhalten konnte (s. vorgenannte Gutachten und Befischungsergebnisse).

Teils wurde der Erlass von einigen UNB zu schleppend umgesetzt bzw. subjektiv umgedeutet, andererseits bestanden die Probleme in der vollständigen Realisierung der genehmigten Bescheide durch die Antragsteller. Vergrämungsabschüsse allein, ebenso die genehmigten Jagdmethoden (Schrotschuss und Beschränkung auf die Tageszeit) sind nicht ausreichend für eine wirksame Reduzierung der Kormoranbestände.

Dem Vorschlag des gezielten Regulierungsabschusses mit geeigneten Waffen an Schlafbäumen, stehen nach Ansicht der Behördenvertreter und des Landesjagdverbandes der gegenwärtige rechtliche Rahmen aber auch Fragen der Waidgerechtigkeit entgegen. Trotz allem soll der Vorschlag auf Umsetzbarkeit geprüft werden, da er zumindest mit weniger anhaltenden Leiden und Stress für die Kormorane verbunden wäre.

Als in Thüringen praktisch nicht durchführbar, haben sich Versuche einer sog. Ablenkfütterung an entsprechenden Gewässern erwiesen. Hierfür fehlt zum einen das Gewässerpotential aber auch die Möglichkeit der kontinuierlichen Nachlieferung von Futterfischen.

Einig war man sich in der Frage, dass mit Abschuss in Thüringen allein das Problem nicht in vernünftige Bahnen zu bringen ist. Flankierend sind reduzierende Eingriffe in den europäischen Hauptbrutgebieten des Kormorans unerlässlich.

TOP 5

Welche Aktivitäten hat die Thüringer Landesregierung und -politik bezüglich eines gesamtdeutschen und Europäischen Kormoran- Managementplans im vergangenen Jahr auf den Weg gebracht?

Hauptproblem ist, dass sich die Bundesregierung aus verschiedenen Gründen aus der Erarbeitung eines europäischen Kormoranmangementplanes zurückgezogen hat.

Seitens des TMLNU wird ein Vorstoß Thüringens auf Bundes- oder EU- Ebene als wenig erfolgreich eingestuft. Trotzdem sollte versucht werden, Einfluss dahingehend auszuüben, dass der Kormoran endlich dem Anhang II der EU- Vogelschutzrichtlinie zu geordnet wird, um ihn dann als jagdbares Wild in das Jagdgesetz aufnehmen zu können.

Dem steht allerdings auch die Meinung des Deutschen Jagdverbandes gegenüber, weitere sog. "nichtverwertbare Tierarten" ins Jagdrecht zu übernehmen, da zurzeit eher gegenläufige Bestrebungen im Gange sind, entsprechende Tierarten aus dem Jagdrecht zu streichen.

Herr Liebig (Präsident Landesjagdverband) schlug vor, mit den bestehenden Regelungen in Thüringen effizienter umzugehen.

Herr Kummer (MdL PDS) schätze ebenfalls den Einfluss Thüringens als zu schwach ein. Er vertrat die Auffassung, in die ThürKorVO auch den Schutz bedrohter Fischarten als Rechtfertigungsgrund für die Kormoranbejagung aufzunehmen. Vorgeschlagen wurden von ihm die Erstellung einer Prioritätenliste nach Gefährdungsgrad der Gewässer und Fischbestände, sowie die Ermittlung eines für Thüringen "verträglichen" Kormoranbestandes. Seitens des VANT wurde vorgeschlagen, die Erteilung von Ausnahmegenehmigungen im Sinne § 43

Abs. 8 BNatSchG den für den Fischartenschutz zuständigen Fischereibehörden zuzuordnen.
 
 

Gesamteinschätzung:


Suhl, 23.06.2003
Andreas Kirsch

Anlagen:

Ergebnisse der Thüringenweiten Kormoran-Schlafplatzzählung im Winter 2002/2003

Bericht über Kormoran Schäden 2002/2003

Kormoran Untersuchung 2002/2003
 
FREISTAAT THÜRINGEN
Thüringer Landesanstalt für
Umwelt und Geologie
Thüringer Landesanstalt für Umwelt und Geologie, Postfach 24, 07727 Jena (D)

Verband für Angeln und Naturschutz

Thüringen e. V.

Rimbachstraße 56

98527 S u h l

(wegen Eilbedarf per E-Mail)

Prüssingstraße 25

07745 Jena 

Telefon: (0 36 41)68 40

Telefax: (0 36 41)68 42 22/68 43 33

Bearbeiter: Dr. Wiesner

Telefon: (0 36 41)68 43 50

Internet: http://www.tlug-jena.de

E-Mail: J.Wiesner@TLUGJena.Thueringen.de

  Datum und Zeichen

Ihres Schreibens

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  Datum
         
- Schreiben vom 16.05.2003 31 – 64282 – Wie   Jena, 12.06.2003

 

Ergebnisse der Thüringenweiten Kormoran-Schlafplatzzählung im Winter 2002/2003

Sehr geehrter Herr Kirsch,

ich bedanke mich für die Einladung zum Rundtischgespräch Kormoranmanagement am 17. Juni 2003 in Jena, an dem ich als Koordinator der landesweiten Zählungen natürlich aktiv teilnehmen möchte.

Nachfolgend übermittle ich Ihnen als Vorabinformation die nach den Verwaltungsregionen Thüringens aufgeschlüsselten Zählergebnisse. Die zum Nächtigen eingeflogenen Kormorane wurden an insgesamt 28 Schlaf- u. Ausweichplätzen erfasst. An den Zählungen vor Ort waren ein wechselnder Teilnehmerkreis von als 25 Personen von anerkannten thüringischen Naturschutz- und Angelverbänden beteiligt.

Gesamtergebnis:

Zähltermin Ostthüringen Südthüringen Mittel- und Nordthüringen Gesamtzahl
15.09.02 1 36 20 57
13.10.02 219 86 126 431
17.11.02 342 157 230 729
15.12.02 1192 249 263 1704
12.01.03 805 371 414 1590
16.02.02 324 242 165 731
16.03.03 582 197 181 960
13.04.03 77 45 131 253

Mit freundlichen Grüßen

Im Auftrag Dr. Jochen Wiesner

Bericht über Kormoran Schäden

2002/3

Betroffene Vereine: Fischereiverein - Marburg/Lahn

Fischereiverein - Kirchhain

Aufenthalt ca. 6 Monate, Anzahl ca. 300 - 350 Kormorane

Nach neuesten Untersuchungserkenntnissen nehmen Kormorane 2-mal am Tag zwischen 350 und 400 Gramm Fische zu sich, also ca. 700 Gramm pro Vogel am Tag. Und nicht nur kranke Fische wie von einem Marburger Ornithologen behauptet wurde, sondern gesunde sich reproduzierende Adulte (laichfähigen) Fische.

Berechnung: 350 x 0,7 kg = 245 kg x 180 = 44.100 kg

Schaden im Gewässer auch von gefährdeten Fischarten.

Da überwiegend Fische im laichfähigen Alter erbeutet werden, wird es in den darauffolgenden Jahren mehr und mehr an laichfähigen Fischen fehlen.

Das Ergebnis:

Totaler Zusammenbruch des ökologischen Gleichgewichts.

Begründung:

Die Reproduktion kann aufgrund von zu hohem Prädatorendrucks nicht stattfinden.

Besonders hervor zu heben ist, dass gerade die besonders gefährdeten Fischarten und deren letzte heimische Bestände z. B. Äsche, Bachforelle, Hasel zum Opfer fallen.

Die Rechnung ist ganz einfach.

Keine laichfähigen Fische, keine Reproduktion, keine Jungfische, keine Nahrungsgrundlage für die anderen nahrungsabhängigen Arten, z. B. Eisvogel, Wasseramsel, Raubfische uvm.

Was nützt es, wenn abertausende Euro für Renaturierung und Biotopverbesserung ausgegeben werden, aber im Fluß selbst keiner mehr ist der sich reproduzieren kann?

Die Zukunft:

Optisch wunderschön renaturierte Flüsse, die innerlich tot sind.

Frage!

Ist das, das Ziel der Gegner der Kormoran Reduzierung?

Ausdrücklich verneint wird ein Totalabschuß des Kormorans. Auch dieser Vogel hat seine Daseinsberechtigung im Ökosystem.

Die Frage ist halt. In welcher Populationsdichte?

Der jetzige Zustand ist definitiv ein zu hoher Bestand und wird die oben genannten Konsequenzen nach sich ziehen.

Ein weiterer Punkt, der für eine Reduzierung des Kormorans spricht.

Die jüngsten Untersuchungen haben gezeigt, dass fast alle Kormorane mit Endoparasiten (Würmer) befallen waren. In welchem Ausmaß die Parasiten für die Fische und dadurch auch für den Menschen als Endverbraucher gefährlich werden können, werden die noch laufenden Untersuchungen zeigen.

Bericht: Fisch und Fang Nr. 8/2002

von Prof. Dr. Reimer

Prof. Dr. Reimer einst an der Uni Greifswald und an der Pädagogischen Hochschule in Güstrow tätig, warnt: Mit Zunahme der Kormoran Population wachsen die gesundheitlichen Risiken für den Menschen.

Der Grund: Im Magen, Darm und in den inneren Organen der Vögel leben Band, Faden- und Saugwürmer als Parasiten. Die Larven gelangen über Ausscheidungen ins Wasser, von dort in die Fische und von diesen auch in den Menschen.

Prof. Dr. Reimer, der mittlerweile im Ruhestand lebt, berichtet in der Fachzeitschrift Fischer und Teichwirt über eine ganze Reihe von Parasiten, die durch die stark gewachsene Zahl der Kormorane vermehrt in Süßwasser und Meeresfischarten vorkommen.

So wurde sage und schreibe bis zu 1.000 Exemplare des Bandwurms Para dilepis scolecina in einem einzigen Kormoran gefunden. Die Zysten dieser Würmer nisten sich in den Eingeweiden und Organen von Karpfen, Wels, Rapfen, Rotfeder, Schleie und Stichling ein. Über 90 % der Kormorane waren mit einer Art des Fischfinnenbandwurms befallen. Dessen Larven nisten sich in Fischen ein und von dort können sie beim Verzehr der Flossenträger auch in den Menschen gelangen.

Originalartikel liegt den Vorstand vor.

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Horst Schrey

Gewässerwart

Kormoran Untersuchung 2002/3

Hr. Jennemann / Hr. Mench / Hr. Schrey

Im Auftrag

Fischereiverein - Marburg und Umgebung e.V.

Kormoran Nr. 1

erlegt: Morgens 7 Uhr (Sarnau)

Gewicht: 3 kg

Spannweite: 130 cm

Länge: 61 cm

Mageninhalt: 1 Rotauge, 25 cm, 170 Gramm, Angedaut (Adult)

Kormoran Nr. 2

erlegt: Morgens 8 Uhr (Cölbe)

Gewicht: 3 kg

Spannweite: 130 cm

Länge: 77 cm

Mageninhalt: 1 Brassen, 19 cm, 70 Gramm, 1 Rotauge, 21 cm, 105 Gramm,

1 Rotauge 19 cm, 92 Gramm, 1 Rotauge, 21 cm, 100 Gramm
 
 

Kormoran Nr. 3

erlegt: Morgens 7 Uhr (Goßfelden)

Gewicht: 3,2 kg

Spannweite: 130 cm

Länge: 75 cm

Mageninhalt: 1 Hecht, 36 cm, 270 Gramm
 
 

Kormoran Nr. 4

erlegt: 17 Uhr (Caldern)

Gewicht: 3,2 kg

Spannweite: 137 cm

Länge: 87 cm

Mageninhalt: 1 Hasel, 19,0 cm, 67 Gramm, 1 Hasel, 21 cm, 71 Gramm

1 Döbel, 24,5 cm, 165 Gramm
 
 

Kormoran Nr. 5

erlegt: 16 Uhr (Sterzhausen)

Gewicht: 2,5 kg (Jungvogel)

Spannweite: 122 cm

Länge: 75 cm

Mageninhalt: 1 Güster, 24 cm, 135 Gramm, 1 Rotauge, 21 cm, 75 Gramm

1 Hasel, 17 cm, 55 Gramm

Alle untersuchten Vögel waren stark mit Parasiten befallen (Würmer).
 
 

Horst Schrey

Gewässerwart


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