SPD Fraktion          1.10.03

Antworten zu den Fragen zum Thema Kormoran
 

Zu Frage 1 (Ergänzung der ThürKorVO um die Abwendung von Schäden an bestandsbedrohten Fischarten; Schnelligkeit der Änderung der ThürKorVO):
Ja. Insbesondere der Schutz im Sinne des Naturschutzrechts besonders gefährdeter Fischarten sollte Kriterium für einen Abschuss darstellen können. Die Aufnahme eines solchen Ausnahmetatbestandes entsprach auch unserer Forderung im Rahmen eines Antrags im Umweltausschuss im Frühjahr 2002. § 43 Abs. 8 Nr. 2 BNatSchG sieht die Möglichkeit einer solchen landesrechtlichen Ausnahmegenehmigung auch ausdrücklich vor. Leider hat die Landesregierung von dieser Möglichkeit mit dem Hinweis darauf, dass es insoweit keinen zusätzlichen Handlungsbedarf gebe, bislang keinen Gebrauch gemacht.
Nachgedacht werden sollte unserer Auffassung auch über besondere Ausnahmetatbestände für den Schutz fischereirechtlich geschützter Arten.

Die Änderung der KorVO wäre vergleichsweise zügig möglich, da hierzu kein förmliches Gesetzgebungsverfahren erforderlich ist, sondern die Anpassung einer VO lediglich eine Abstimmung innerhalb der betroffenen Ressorts der Landesregierung voraussetzt. Die Übertragung der Gesetzgebungskompetenz auf die Landesregierung im Rahmen einer Verordnungsermächtigung dient gerade dem Zweck, eine schnelle Anpassung der Rechtslage an sich ändernde Bedingungen herbeiführen zu können. Einflussmöglichkeiten des Parlaments bestehen aber auch insoweit als der Landesregierung im Rahmen eines Selbstbefassungsantrags bestimmte Handlungsempfehlungen erteilt werden können.

Zu Frage 2 (Übertragung der Zuständigkeiten für den Ausnahmeabschuss auf die Fischereibehörden):
Nur bedingt, da der Kormoran (zumindest noch) als besonders geschützte Art im Sinne von § 42 BNatSchG gilt. Ausnahmegenehmigungen zur Verfolgung geschützter Arten erlassen wegen dieses Sachzusammenhangs zum Naturschutzrecht in der Regel die Naturschutzbehörden. Da hier aber Zweck des Abschusses auch die Wahrung der Interessen der Fischereiwirtschaft ist, ist eine sachliche Betroffenheit der Fischereibehörden gegeben. Denkbar wäre daher eine Genehmigung der Fischereibehörden im Einvernehmen mit der Naturschutzbehörde. Dies würde aber die für einen Abschuss erforderliche zügige Bearbeitung eines entsprechenden Antrages verzögern.

Generell ist unserer Auffassung zu prüfen, ob nicht die Frist zu Erteilung von Ausnahmegenehmigungen zum Abschuss von Kormoranen auf 1 Woche verkürzt werden kann. Je früher Vergrämungsmaßnahmen greifen, desto erfolgreicher sind diese in der Regel. Bei einer Frist von 1 Woche wäre allerdings eine Beteiligung mehrerer Behörden untunlich.

Zu Frage 3 (Ausnahmegenehmigungen in Schutzgebieten):
Ja, insbesondere dann, wenn der Abschuss dem Schutz geschützter Arten dient, und auch sonst der Schutzzweck des entsprechenden Schutzgebietes einer Bejagung nicht entgegensteht. Sofern der Abschuss dem Schutz anderer besonders bedrohter (Fisch)Arten und der Vermeidung einer starken Bestandesdezimierung durch den Kormoran bzw. einem Schutz besonders gefährdeter Nahrungskonkurrenten des Kormorans dient, sind geeignete und erforderliche Schutzmaßnahmen unserer Auffassung nach u.U. sogar geboten.

Zu Frage 4 (Europäisches Kormoranmanagement):
Wir sind der Auffassung, dass ein koordiniertes europäisches Kormoranmanagement ein sehr wirksames Mittel zur Verminderung der durch den Kormoran entstehenden Schäden darstellen kann. Allerdings dürfte ein Thüringer Engagement in dieser Frage nur geringe Aussichten auf Erfolg haben, da der Einfluss und das Gewicht Thüringens in dieser Frage nicht zuletzt wegen der noch vergleichsweise kurzen Erfahrung mit dem Problem des sich ausbreitenden Kormorans als gering eingeschätzt werden muss.

Zu Frage 5 (Zuordnung des Kormorans in Anhang II der EG-Vogelschutzrichtlinie): Nein.
Der Kormoran sollte, unserer Auffassung nach, nicht den Regelungen für jagdbare Tierarten unterstellt werden. Dies hätte zwar zur Folge, dass der Kormoran, dann nicht mehr dem Schutz des Naturschutzrechts sondern dem Schutz des Jagdrechts unterstellt wäre.
Das Jagdrecht ist aber nicht geeignet, die durch den Kormoran bedingten Probleme sachgerecht zu lösen.
Hierbei ist zunächst zu bedenken, dass es kaum ein Interesse in der Jägerschaft an einem Abschuss des Kormorans gibt, da dieser weder zum Verzehr geeignet noch als Trophäe begehrt ist. Die Bestrebungen im Jagdrecht gehen daher auch eher dahin, die wenigen nicht verwertbaren Tierarten aus dem Katalog der Jagdgesetze von Bund und Ländern zu streichen.

Gegen eine Aufnahme in das Jagdrecht sprechen aber auch sachliche Gründe:

Nach dem BundesjagdG (§ 19 Abs. 1 Nr. 6) dürfen beispielsweise keine Belohnungen für den Abschuss von Federwild ausgesetzt werden. Sollte der Kormoran durch die Aufnahme in den Katalog jagdbarer Wildarten als Federwild gelten, wäre dann nicht einmal ein monetärer Anreiz für den jeweiligen ohnehin am Abschuss oder Fang uninteressierten Jäger zulässig. Dies ist sicherlich von den Fischwirten nicht gewollt.
Hinzu kommt, dass eine Bejagung des Kormorans sich nach den Grundsätzen der Waidgerechtigkeit und sonstigen für das Jagdrecht typischen Beschränkungen richten müsste. Direkte Eingriffe z.B. innerhalb der Brutkolonien, wie sie im Rahmen eines europäischen Kormoranmanagements teilweise für erforderlich gehalten werden, oder auch ein nicht der Jagd im Sinne von § 1 BJagdG (Nachstellen zum Zwecke der Aneignung) dienendes Beunruhigen des Kormorans wären dann problematisch. Gerade das Beunruhigen (Vertreiben) des Kormorans ist aber eine der wichtigsten Maßnahmen zur Verhinderung von Schäden.
Schließlich könnte im Fall einer Qualifizierung des Kormorans als Wildart das Nachstellen nur durch einen im entsprechenden Revier zur Jagdausübung berechtigten Jäger erfolgen.
Dies ist zwar bisher die Regel, denkbar wären hier (außerhalb des Jagdrechts) aber auch andere Lösungen.
Zudem hat die Aufnahme einer Tierart in das Jagdgesetz auch zur Folge, dass die entsprechende Art der Hegeverpflichtung, also einer aktiven Unterstützungsmaßnahme unterfällt, die ja durch die Streichung des Kormorans aus Anhang I der EG-Vogelschutzrichtlinie abgeschafft werden sollte.

Geeigneter als die Unterstellung unter das Jagdrecht, wären zur Vermeidung einer akuten Bedrohung durch (in der Regel zur Winterzeit) nach Thüringen einwandernder Kormoranschwärme landesweite Koordinierungsmaßnahmen bei der Vergrämung des Kormorans an besonders gefährdeten Gewässern. Nicht geeignet und u.U. sogar schädlich kann hier eine flächendeckende Bejagung des Kormorans sein. Diese kann zur Zersplitterung der Schwärme führen, die dann auch kleinere und besonders gefährdete Gewässer aufsuchen. Wichtig ist eine konsequente, rasche und effektive Vergrämung an wirtschaftlich oder naturschutzfachlich besonders wertvollen Gewässern und die Schaffung und Akzeptanz von Rückzugsräumen für den Kormoran, in denen die Schäden relativ gering ausfallen. Ein ständiges Aufscheuchen und Vertreiben der Schwärme zum nächsten Gewässer, würde nur den Energiebedarf der Kormorane und damit deren Appetit erhöhen.

Für die allgemeine Vorsorge vor Schäden durch den Kormoran halten wir ein europäisches Kormoranmanagement für sinnvoll.

Zu Frage 6: (Akuter Handlungsbedarf zur Minderung des nachteiligen Einflusses auf die Umsetzung der EU-WRRL):
Ja.
Der Reduzierung auch des thüringischen Kormoranproblems insbesondere die Bestandesregelierung kann nur europäisch oder bundesweit nicht aber ausschließlich in Thüringen erfolgen. Dies gilt schon deshalb, da die Brutgebiete des Kormorans bis auf Ausnahmen nicht in Thüringen liegen. Maßnahmen, die der Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie dienen, können daher nicht auf Thüringen beschränkt bleiben.
Was die Frage der Vorsorge vor akuten Schäden anbetrifft, halten wir eine weitere Öffnung der ThürKorVO für geboten; insbesondere um eine schnelle und effektive Vergrämung an besonders gefährdeten Gewässern zu sichern. Da der Kormoran in Thüringen auch durch einen scharfe Bejagung nur wenig in seinem Bestand reduziert werden kann, wäre es zudem sinnvoll, kartographisch Schutzgewässer und Rückzugsräume für den Kormoran in Thüringen darzustellen, und die notwendigen Maßnahmen daran zu orientieren. Diese Maßnahmen sollten auch mit den angrenzenden Bundesländern abgestimmt werden.

Zu Frage 7: (Arbeitsgruppe Kormoran - Beteiligung der Fraktionen)

Die Einrichtung einer Arbeitsgruppe halten wir für sinnvoll. Diese sollte die Rechtsetzung und Umsetzung der ThürKorVO durch die Exekutive begleiten. Da es sich bei den in der ThürKorVO geregelten Fragen nicht um Rechtsbereiche handelt, die unmittelbar vom Parlament geregelt werden sondern von der Landesregierung, halten wir eine Einbindung von Parlamentariern in einer ständigen Arbeitsgruppe nicht für sinnvoll. Das Zeitbudget der Abgeordneten, die in der Regel mit sehr vielen Interessengruppen Kontakt halten, lässt auch eine ständige fachlich fundierte Mitarbeit in einer solchen Arbeitsgruppe kaum zu.
Die Ergebnisse dieser Arbeitsgruppe werden für die Arbeit unserer Fraktion, wie auch bisher die Probleme und Anliegen der Angler und Fischwirte, aber eine wichtige Rolle spielen.
 

Mit freundlichen Grüßen
 

Dr. Gerhard Botz


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