Für den 26. Juni 2004 hatte unser Verband zu einem Kolloquium eingeladen, welches sich mit den Auswirkungen der EG- Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) auf den Betrieb von Kleinwasserkraftanlagen beschäftigte. Kleine Wasserkraftanlagen stehen heute mit ihrer Betriebsweise in vielen Fällen den Zielen der WRRL diametral entgegen. Insbesondere beeinträchtigen sie das Ziel zur Schaffung der Durchgängigkeit von Fließgewässern und damit die Entwicklung sich selbst tragender Populationen aquatischer Organismen, natürlich vor allem der auf Wanderungen angewiesenen Fische. Nicht nur Fischereiverbände sondern auch klassische Naturschutzverbände wie der NABU und selbst Behörden wie das Bundesumweltamt hinterfragen immer öfter und nachdrücklicher das Verhältnis des Nutzens der kleinen Wasserkraft für das Allgemeinwohl gegenüber den nachhaltig nachteiligen Auswirkungen auf die Fließgewässerökologie.
Probleme wie das Fehlen von Wanderhilfen für aquatische Organismen, Schäden für abwandernde Fische bei der Turbinenpassage oder ausreichender Mindestwasserauflagen für Ausleitungskraftwerke beschäftigen führen immer wieder zu kontroversen Auseinandersetzungen zwischen Kraftwerksbetreibern und Gewässerökologen.
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So kann’s funktionieren: großzügige
Wanderhilfe an einer WKA in Sachsen
Trotz allem nimmt die Wasserkrafterzeugung
heute noch den 1. Platz bei der Erzeugung
alternativer Energien ein, wenngleich ihr gesamter Anteil an der Deckung des deutschen Strombedarfs lediglich bei ca. 4,7 % liegt. 5.500 Wasserkraftanlagen erzeugen jährlich 25 Mrd. KW Strom. Nachdenklich muss dabei jedoch stimmen, dass 90 % dieser Anlagen gerade mal 10 % dieser Strommenge produzieren, was im Umkehrschluss heißt, 10 % der Wasserkraftwerke also 550 Großanlagen, produzieren 90 % des gesamten Wasserstroms. Fast 5000 Kleinanlagen stehen also mit all ihren Problemen im Brennpunkt der WRRL. Präsident Reinhard Karol eröffnete das Kolloquium mit einigen Fakten zur Situation in Thüringen (links). |
Ähnlich stellt sich das Bild in Thüringen dar:
Kleinwasserkraft in Thüringen
QUELLE: TMWI 2003
Geförderte Anlagen gesamt:
132
Geförderte Leistung gesamt:
13.651,6 KW
Anlagen bis 10 KW: 18 =
13,5 %
116,0 KW= 0,8 %
Anlagen 11-20 KW: 37 =
28,0 % 564,6 KW=
4,1 %
Anlagen 21-50 KW: 41 =
31,1 % 1.389,0 KW= 10,2 %
Anlagen 51-100 KW:
7 = 5,3 % 528,0 KW=
3,7 %
Anlagen 101-300 KW: 15 = 11,4
% 3.450,0 KW= 25,3 %
Anlagen über 300 KW:
14 = 10,6 % 7.604,0 KW=
55,7 %
14 „Großanlagen“(über
300 KW) bringen 55,7 %
oder 22 % der Anlagen (über
100 KW) bringen 81 % der Leistung!!!
Auch das neue Energie- Einspeisungsgesetz (EEG) setzt weiter auf die Förderung der Kleinwasserkraft. Neu ist dabei allerdings die Verknüpfung der Förderung neuer Anlagen mit der Einhaltung ökologischer Mindeststandards wie Mindestwasserauflagen und Wanderhilfen an diesen Anlagen. Umstritten sind allerdings nach wie vor die Definitionen der ausreichenden Mindestwasserauflage und nachvollziehbare Anforderungen an die Funktionsfähigkeit von Wanderhilfen für den Auf- und Abstieg aquatischer Organismen (gemeint sind damit nicht nur Fische).
Aufmerksame Zuhörer
Unter diesem Blickwinkel wurden dann auch die Themen der Vorträge des Kolloquiums ausgewählt. Bereits im Vorfeld wurde mit der Einladung um Sachlichkeit und möglichst emotionsfreie Diskussion gebeten. Über weite Strecken der Veranstaltung konnten diese Prämissen gewahrt werden und nur an wenigen Stellen drohten Emotionen die Oberhand zu gewinnen. Insgesamt bemerkenswert war, dass die Vorträge lediglich 2 Vorträge von Lobbyisten die Mehrzahl jedoch von Behördenvertretern und Vertretern wissenschaftlicher Einrichtungen gehalten wurden.
Hier die Themen, welche zugleich
einen gewissen Querschnitt durch die Problematik aber auch verschiedenen
Regionen Deutschlands repräsentierten.
Wasserkraft und Ökologie-
aktuelle Untersuchungen in Thüringen- Forschung,
Wissensstand und Defizite Herr Diplombiologe Wolfgang Schmalz Hydrolabor Schleusingen der Bauhaus- UNI Weimar Nachhaltige Wasserkraftnutzung
unter Beachtung der EG- Wasserrahmenrichtlinie
links: Herr Schmalz bei seinem Vortrag |
Auswirkungen der EG-WRRL auf
die Nutzung bestehender kleiner Wasserkraftanlagen und Anforderungen der
EG-WRRL an die Umsetzung neuer Vorhaben aus der Sicht der Wasserkraftwerksbetreiber
Herr Manfred Lüttke Bundesverband Deutscher Wasserkraftwerke e.V. (BDW) Durchgängigkeit der Fließgewässer
vor dem Hintergrund der Wasserrahmenrichtlinie aus der Sicht des Verbandes
Deutscher Fischereiverwaltungsbeamter und Fischereiwissenschaftler e.V.
rechts: Herr Lüttke: „Wasserkraftwerker aus Berufung- Fischer aus Passion“ |
Berücksichtigung fischökologischer
Belange bei der Wasserkraftnutzung in Brandenburg am Beispiel der KWKA
„Stadtmühle Perleberg“ in der Stepenitz (NW Brandenburg)
Herr Dipl.- Fischereiing.
Steffen Zahn
Institut für Binnenfischerei
e. V. Potsdam- Sacrow
Die sächsische Kleinwasserkraft-Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen
und Nutzen für die Allgemeinheit.
Herr Volker Engelmann
Interessengemeinschaft Fließgewässerschutz
Sachsen e.V.
Bunt gemischt von der Interessenlage
und ebenfalls aus verschiedenen Regionen Deutschlands war der Kreis der
42 Teilnehmer des Kolloquiums.
Platz wäre im Anglerheim der
Jenaer Anglerunion für wesentlich mehr Teilnehmer gewesen. Eine der
wichtigsten Zielgruppen, die Vertreter der Thüringer Fischerei- und
Wasserbehörden aller Verwaltungsebenen war leider stark unterrepräsentiert.
Lediglich eine Vertreterin einer unteren Wasserbehörde und eine des
TMLNU fanden trotz Information des zuständigen Ministeriums an diesem
Samstag den Weg nach Jena. Eigentlich recht erstaunlich, weil viele dieser
Damen und Herren tagtäglich im Vollzug des einschlägigen Rechts
auf diesem Gebiet mit diesen Problemen konfrontiert werden.
Fast meint man zu glauben, sie hätten
alle selbst mit ihrem umfangreichen Wissen über diese Problematik
selbst am Rednerpult stehen können- allein die Praxis lehrt uns anderes.
Vielleicht denken auch mal die Dienstherren
dieser Behörden darüber nach, wie sie die Leistungsbewertung
ihrer Beamten und Angestellten mit der freiwilligen Teilnahme an qualitativ
hochwertigen und mit 10,- € Teilnahmegebühr eigentlich viel zu
preiswerten Fortbildungsveranstaltungen verknüpfen sollten.
Besonders gefreut haben wir uns
über die aktive und konstruktive Teilnahme unseres DAV- Vizepräsidenten
und Freundes Prof. Werner Steffens.
Schade für alle, die nicht
dabei waren und somit eine gute Chance zur Erweiterung ihres Horizonts
vergeben haben.
Alle Interessenten können
die Vortragsreihe ab September auf CD- ROM für eine kleine Schutzgebühr
bei unserem Verband bestellen.
Den Organisatoren, den Vortragenden,
dem Team des Vereinsheims der Jenaer Anglerunion sowie allen Gästen
möchten wir für ihren jeweiligen Beitrag zum Gelingen der Veranstaltung
nochmals herzlichst danken.
Mit diesem Kolloquium sollte natürlich
der Dialog zwischen Wasserkraftwerkern, Fischerei- und Naturschutzverbänden,
der Wissenschaft und den Behörden nicht abschließend beendet
werden. In diesem Sinne möchten wir den Staffelstab zur Fortsetzung
dieser Diskussionsrunde an die Arbeitsgemeinschaft Thüringer Wasserkraftwerke
e.V. (ATW) weitergeben.
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So bitte nicht!
Schwallbetrieb an einem Saalekraftwerk
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