Weitere negative Auswirkungen von Stauhaltungen 

WER kennt nicht diese Werbung, in welcher eine uns wohl bekannte Schauspielerin für sogenannten ökologischen Strom eines Stromanbieters wirbt und dabei inklusive ihrer Kleidung auch noch ziemlich nass wird. Wenn die schöne Frau wüsste, welcher Schaden dieser sogenannte „ökologisch“ gewonnene Strom unseren Fischen, deren Lebensräumen (Habitaten) und dem anderen Getier, das darin lebt, zufügt, sie würde, so glaube ich, diese Werbung vielleicht nicht machen.

Hintergrund
Wasser ist eine der wichtigsten Energiequellen. Sie wird seitens der Kraftwerksbetreiber und Stromkonzerne aufgrund der CO2-freien Erzeugung elektrischer Energie als besonders umweltfreundlich dargestellt. Aber, sowohl mit dem Bau als auch mit dem Betrieb von Wasserkraftanlagen sind weitreichende Beeinträchtigungen von Natur und Umwelt verbunden. Durch die Stauanlagen wird die Charakteristik der Fliessgewässer verändert, aus einem fließenden Gewässer wird ein stehendes. Die strömungsliebenden (rheophilen) Fischarten verschwinden und dafür siedeln sich die limnischen (Stehendwasser-) Fischarten an. Wasserkraftanlagen üben weiterhin eine Barrierewirkung für wandernde Wasserorganismen aus, abwandernde Organismen werden in den Turbinen zerhackt oder an den Einlassgittern zerquetscht. Nun, dies alles wussten wir ja schon ....
Aber, Speicher und Staue greifen auch in die Wasserführung der betroffenen Gewässer und in die Dynamik des Sedimenttransportes ein. Sedimente und Geschiebe werden in natürlichen Fliessgewässern transportiert, abgelagert, wieder aufgenommen und damit gestalten sie die Struktur der Fließgewässer derart, dass eine Vielzahl von Tierarten dort Lebensraum und Nahrung findet. In den Stauseen setzen sich jedoch die transportierten Sedimente ab und stehen dem Fließgewässer nach der Stauhaltung nicht mehr für die Strukturbildung zur Verfügung. Die Speicher wirken als Sedimentfallen. Da das Nutzungsvolumen der Stauhaltungen durch eben diese Sedimente verringert wird, macht sich ein regelmäßiges Ablassen dieser Sedimente notwendig. So etwas erfolgt zumeist über den Grundablass. Durch die nun vorliegenden, enormen Strömungsgeschwindigkeiten und Sedimentkonzentrationen (bis 300 g Sedimente je Liter Wasser!) wird den Fischen quasi wie mit Schmirgelpapier die Haut entschleimt. Ihre Kiemen werden durch die Partikel verklebt und anschließend zerstört. Gleichzeitig zu den erhöhten Sedimentfrachten kommt es zu sinkenden Sauerstoffkonzentrationen. Die Folge sind Fischsterben. In diesem Szenario werden jedoch nicht nur die Fische im Freiwasser sondern auch die in und an den Sedimenten lebenden Tiere geschädigt. Der Boden der Fließgewässer, der aus mehr oder minder grobem Substrat besteht, bildet den Lebensraum unzähliger Kleinkrebse und Insektenlarven, die u. a. den Fischen als Nahrung dienen, Fischarten wie Groppe und Schmerle. Durch die enormen Schwebstoff- und Sedimentfrachten, die solche Stauraumspülung freisetzt, erfolgt quasi eine Betonierung des Fließgewässerbodens. Sämtliche Poren und Spalten werden mit den Sedimenten ausgefüllt, der Boden verdichtet und verfestigt. Die überdeckten Tiere ersticken, eine Neubesiedelung ist über lange Zeit unmöglich. Die Eier bodenlaichender Fischarten, wie z. B. der Salmoniden werden abgetötet. Laichplätze gehen verloren. Dies kann den Ausfall ganzer Jahrgänge zur Folge haben. Die überlebenden Organismen werden entweder durch die stark erhöhte Strömung bei der Stauraumspülung verdriftet oder wandern im Nachhinein aus den unwirtlichen Gefilden ab, in denen es an Strukturen und Nahrung mangelt. Nahrungsmangel und Schädigungen der Haut und Kiemen haben sekundäre Infektionen und ein verringertes Wachstum der geschädigten Fische zur Folge. Die Selbstreinigungskapazität der Fliessgewässer, die sich insbesondere auf die Pilze und die Bakterien in und auf den Sedimenten gründet, ist stark vermindert, die Sauerstoffversorgung der Sedimente gleich Null.
Nun liebe Sportfreunde, wenn dies nicht alles gute Gründe sind, zu „ökologisch“, aus Wasserkraft gewonnenem Strom umzusteigen ..., ich weiß ja nicht!??

In diesem Sinne, Petri Heil!
Dr. Thomas Meinelt, Referent für Umwelt und Gewässer des DAV

(Auszug aus der DAV Zeitung "Angeln und Fischen", Heft 4/2001)